Die Fahrzeuge des amerikanischen Tesla-Konzerns gehören in der Schweiz seit Jahren zu den beliebtesten und meistverkauften Elektroautos. So wie in vielen anderen Ländern auch. Die gestandenen Autokonzerne aus Europa hingegen sind ins Hintertreffen geraten. Aykan Gökbulut ist beim Beratungsunternehmen Boston Consulting Group auf den Automarkt spezialisiert und hat jüngst eine Studie über die Entwicklung des Elektroautos mitverfasst.
Zur aktuellen Situation sagt er: «Der Vorteil ist, dass es erst gerade losgeht.» Denn weltweit werden jedes Jahr 60 bis 70 Millionen neue Autos verkauft – bislang sind es vergleichsweise wenige Elektroautos. Allerdings ändert sich das gerade.
Tesla hat sich von diesem rasch wachsenden Markt schon ein grosses Stück abgeschnitten. In China wiederum sind es auch chinesische Marken, allen voran der Konzern BYD. Und diese beiden – BYD und Tesla – dominieren heute den globalen Markt der Elektroautos: «50 Prozent der batteriebetriebenen Fahrzeuge werden in China verkauft und BYD als grösster Hersteller ist führend im chinesischen Markt», erklärt Gökbulut.
Das hat damit zu tun, dass die Behörden in China seit Jahren Elektroautos und die Batterietechnologie fördern. Deshalb haben chinesische Unternehmen heute vielfach die Nase vorn. Neben BYD gibt es noch weitere aufstrebende Autokonzerne. Und: Sie haben in Europa sehr schnell Fuss gefasst. In Norwegen oder Schweden etwa lassen sie die elektrischen Modelle von Mercedes oder Audi bereits hinter sich. Denn sie bieten, was namentlich der deutschen Konkurrenz fehlt: kleine, preiswerte und qualitativ gute Elektroautos.
Gökbulut geht davon aus, dass chinesische Autofirmen damit rasch weitere Marktanteile in Europa hinzugewinnen werden. Tesla habe noch vor einigen Jahren einen Marktanteil von über 30 Prozent in Europa gehabt. Nun würden sich die chinesischen Hersteller und Tesla um jeweils 15 bis 20 Prozent einpendeln. Das wiederum heisst: Die traditionellen Autohersteller müssen sich den Rest – noch rund 60 Prozent des Marktes – teilen.
Deutsche Autobauer in der Zwickmühle
Was das konkret bedeutet, zeigt sich bereits in China. Dort verlieren die gestandenen Konzerne an Boden. Gerade die deutschen Autofirmen haben schlicht und einfach die falsche Modellpalette. Die Autos mit einem Verbrennungsmotor verkaufen sich immer schlechter. Gleichzeitig sind ihre Elektroautos zu gross und zu teuer für den chinesischen Markt.
Volkswagen muss sich deshalb neu ausrichten und spannt mit chinesischen Autokonzernen zusammen, wie VW-Chef Oliver Blume jüngst bei einer Präsentation seines Unternehmens erklärt hat. «In China, für China», umriss er die Strategie von VW. Bei der Forschung für selbstfahrende Autos etwa oder bei der Batterieentwicklung werde VW – noch mehr als bisher – mit lokalen Autokonzernen zusammenspannen.
Kurz: Es geht darum, konkurrenzfähige, preiswerte und digitale Elektroautos herzustellen. Volkswagen als grösstem Autokonzern weltweit traut man zu, den Anschluss noch schaffen. Andere europäische Anbieter allerdings müssen sich sputen, weil sie die Entwicklung jahrelang verschlafen haben. Denn die Neulinge sind nicht nur technologisch voraus, sondern sie sind bereits auch profitabel.