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Thomas Gottstein So tickt Thiams Nachfolger

Thomas Gottstein übernimmt das Ruder bei der Grossbank Credit Suisse. Kann er wieder Ruhe ins Tagesgeschäft bringen?

30 Jahre Banker, davon 20 bei der Credit Suisse. Thomas Gottstein ist als 55-Jähriger ein Urgestein in der Schweizer Bankenwelt. Dabei hätte er ursprünglich auch Karriere als Sportler machen können.

Er galt zeitweise als aussichtsreiches Golftalent, gewann gar einmal die Juniorenweltmeisterschaft. Doch nach einem Wirtschaftsstudium inklusive Doktorat an der Universität Zürich stieg er 1993 bei der UBS ein.

Sechs Jahre später wechselte er ins Investmentbanking der Konkurrentin Credit Suisse. Im Jahr 2013 übernahm er im Vermögensverwaltungsgeschäft der CS die Verantwortung für die sehr wohlhabenden Kunden.

Ausgerechnet Tidjane Thiam, sein damaliger Chef, den er nun beerbt, machte Gottstein 2015 zur Nummer 1 der CS Schweiz. Äusserst loyal sei er, sagen Leute, die ihn kennen. So überrascht es nicht, dass er als neuer Chef heute gegenüber SRF nichts Schlechtes über den alten, Tidjane Thiam, sagen will.

«Ich habe grossen Respekt dafür, was er zusammen mit uns erreicht hat», so Gottstein. «Von daher: Wir haben immer ein gutes Verhältnis gehabt und ich habe keinen Grund, negativ zu sein.» Auf die Frage nach seinen Plänen für die Grossbank will sich der neue Chef noch nicht in die Karten blicken lassen.

Offen und kritikfähig, aber kein Visionär

Radikale Veränderungen sind aber nicht zu erwarten: «Die Bank ist sehr solide aufgestellt. Wir haben eine klare Strategie, basierend auf Private- und Investmentbanking. Thiam hat einen hervorragenden Job gemacht, und darauf werden wir aufbauen.» Ein Visionär sei er nicht, monieren Kritiker.

Zugute kommt Gottstein wohl, dass er als offen und kritikfähig gilt. So hat er beispielsweise als Chef der CS Schweiz erklärt, mit der Klimajugend, die die Bank heftig kritisiert, in einen Dialog zu treten. Er begrüsste es auch, dass Tennisstar Roger Federer, der seit Jahren ein Aushängeschild der CS ist, sich mit den Klimaaktivisten solidarisiert hat. Als Erstes muss Gottstein nun wieder Ruhe in die Credit Suisse bringen und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.

Gespräche wolle er führen; viele Gespräche, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der ganzen Welt, und auch mit Investoren, verspricht er.

Ein grundsätzliches Problem bei der Unternehmenskultur sieht er aber trotz Beschattungsaffäre nicht: «Wir haben eine sehr reiche und starke Kultur, aber die kann immer verbessert werden. (...) Wir werden im Gespräch mit unseren Kollegen schauen, dass wir die Kultur noch verbessern und stärken können.»

Erste Aufgabe: Vertrauen wiederherstellen

Ein ausgefeilter Plan aufgrund eingehender Analyse ist das noch nicht. Allerdings hatte er noch kaum Zeit, sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten.

Offen, glaubwürdig, ein Chef, der den Respekt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen kann und bei Kundinnen und Kunden gut ankommt, das ist er. Gut möglich, dass das vorerst reicht: Ein kompletter strategischer Kurswechsel drängt sich trotz schwierigem Geschäftsumfeld nicht auf.

Die grosse Herausforderung der Credit Suisse und Gottsteins erste Aufgabe heisst derzeit: Vertrauen wiederherstellen.

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