Die Grossbank UBS hat zum dritten Mal Quartalszahlen präsentiert, in denen die Credit Suisse voll mitgerechnet wird. Der Gewinn von 1.76 Milliarden US-Dollar fällt um 70 Prozent höher aus als ein Jahr zuvor.
Konzernchef Sergio Ermotti relativiert die Zahlen im Interview. Er beschreibt, wie weit die Integration der Credit Suisse vorangeschritten ist und welche Kapitalmassnahmen die Grossbank unabhängig vom «Too big to fail»-Bericht des Bundesrats vorsieht.
SRF News: Sie haben einen höheren Gewinn erzielt, als man vermutet hat. Wie war das möglich?
Sergio Ermotti: Wir haben sehr gute Fortschritte in unserem Kostenreduktionsplan gemacht. Aber auch eine gewisse Saisonalität spielt eine Rolle: Das erste Quartal ist normalerweise ein besseres Quartal als die anderen. Wir sehen auch, dass die Kunden uns trotz der Unsicherheiten weiterhin stark vertrauen. Wir machen gute Fortschritte, aber wir müssen dieses Tempo beibehalten.
Wann erfährt das Personal, wer bleibt und wer geht?
Wir planen nicht, vor Ende 2024 oder Anfang 2025 einen grossen Personalabbau vorzunehmen. Die Integration findet erst dann statt. Leider müssen wir als Teil der Restrukturierung in der Schweiz bis Ende 2026 3000 Stellen proaktiv abbauen. Aber in der Schweiz gibt es 6500 offene Arbeitsplätze im Finanzsektor. Wir geben uns Mühe, unsere Kollegen so zu begleiten, dass sie so schnell wie möglich andere Jobs finden können.
Per Ende Mai wollen Sie die beiden Stammhäuser zusammenbringen. Spüren die Kunden etwas davon?
Von der Fusion der Stammhäuser spüren die Kunden nicht viel. Es ist ein rechtlicher Zusammenschluss. Deutlicher wird es dann, wenn die Credit-Suisse-Plattformen auf die UBS-Plattformen migriert werden. Unser Fokus ist natürlich, dass die Kunden so wenig wie möglich merken, dass diese Migration stattfindet.
Kommen wir auf das Eigenkapital zu sprechen. Die «Too big to fail»-Idee des Bundesrats ist präsentiert worden. Nach Schätzungen braucht die UBS dafür 15 bis 25 Milliarden US-Dollar. Was würden Sie sagen: Wie teuer wird es?
Zuerst: Wir stimmen zu, dass es notwendig ist, Reformen durchzusetzen, damit nicht mehr passieren kann, was passiert ist. Und unsere Regulation soll an allen anderen bedeutenden Finanzplätzen gleich sein. Was das Kapital angeht, wollen wir nicht spekulieren und auch keine Spekulationen kommentieren. Wir waren nicht Teil der Vorbereitungen dieses Berichts.
Die Erleichterungen der Credit Suisse sind klare Kosten für die UBS.
Aber eine Sache müssen wir klar feststellen: Aufgrund der Akquisition der Credit Suisse müssen wir 9 Milliarden zusätzliches Kapital einschiessen. Damit kompensieren wir die Erleichterungen, die die Credit Suisse über Jahre erhalten hat. Das sind klare Kosten für die UBS. Dazu kommen noch ungefähr 10 Milliarden zusätzliches Kapital, die wir brauchen werden, um die neue Grösse der Credit Suisse und UBS zusammen zu adressieren. Das heisst, die neue UBS wird fast 20 Milliarden US-Dollar mehr Kapitalbedarf haben.
Hat das Einfluss auf das Aktienrückkaufprogramm zugunsten der Aktionäre, oder kann dieses wie geplant stattfinden?
Unsere Kapitalstärke ist sehr gross. Wir sind fähig, neues Kapital zu generieren. Solange wir keine bessere Klarheit haben, wie die neue Regulation aussieht und was sie bedeutet, ist es sehr schwierig für uns, mit unseren Integrationsplänen und auch unserer Dividendenpolitik und Aktienrückkäufen fortzufahren.
Wir planen für dieses Jahr eine Erhöhung der Dividende.
Für dieses Jahr planen wir weiterhin eine Erhöhung unserer Cash-Dividende, und zwar um einen zweistelligen Betrag im Vergleich zum letzten Jahr. Und nach der Fusion der zwei Muttergesellschaften UBS AG und Credit Suisse AG planen wir Aktienrückkäufe für bis zu einer Milliarde US-Dollar für 2024.
Die Aktie ist seit diesem «Too big to fail»-Bericht unter Druck geraten. Was hören Sie, wenn Sie mit Investoren sprechen? Weshalb sind sie verunsichert?
Es gibt sicher eine grosse Verunsicherung darüber, was diese neuen geplanten Regeln für die UBS bedeuten und ihre Fähigkeit, in einer weltweit sehr kompetitiven Finanzindustrie kompetitiv zu bleiben.
Das Gespräch führte Andi Lüscher.