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US-Druck auf Diversität Pharmakonzern Roche passt sich neuer US-Politik an

Wie andere grosse Unternehmen hat auch der Schweizer Pharmakonzern Roche Diversitätsziele und Förderprogramme in den USA relativiert oder ganz gestrichen. Auslöser sind neue US-amerikanische Verordnungen. SRF hat mit Aktionären an der Generalversammlung und mit Experten gesprochen.

Schon eine halbe Stunde bevor die Türen zur Generalversammlung öffnen, stehen Roche-Aktionäre vor dem Kongresszentrum bei der Messe in Basel Schlange. Auf die Frage, ob sie es richtig finden, dass Roche die Diversitätsziele aufweicht und beispielsweise keine konkrete Frauenquote für Führungspositionen mehr anstrebt, fallen die Antworten ganz unterschiedlich aus: Von «nein, das finde ich überhaupt nicht richtig», über «das habe ich noch gar nicht mitbekommen», und «das stört mich nicht», bis zu «das ist schon in Ordnung», hört man hier alles.

Die Meinungen sind im Übrigen diverser als die einzelnen Aktionärinnen und Aktionäre, die an der Generalversammlung teilnehmen und die mehrheitlich weiss, männlich und im Pensionsalter sind.

Roche will an der Diversität festhalten

Drinnen im Konferenzsaal lachen Roche-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter aus aller Welt von riesigen Bildschirmen. Von sich aus macht die Konzernspitze diese Diversität aber nicht zum Thema. Einen der Aktionäre interessiert dann aber, wie Roche auf den Druck aus den USA reagiere.

Die Vielfalt der Perspektiven ist gerade für ein innovatives Unternehmen wie Roche von grundlegender Bedeutung.
Autor: Severin Schwan Verwaltungsratspräsident Roche

Das Thema beschäftige die Konzernleitung sehr, antwortet Verwaltungsratspräsident Severin Schwan. «Die Vielfalt der Perspektiven ist gerade für ein innovatives Unternehmen wie Roche von grundlegender Bedeutung», betont er. Roche müsse sich zwar an die gesetzlichen Vorgaben in den USA halten. Das Unternehmen werde aber Wege finden, um den eigenen Werten trotzdem treu zu bleiben und Diversität weiterhin hochzuhalten.

Quoten sind zentral, um Fortschritte zu messen

Vincenz Mathys, Mediensprecher der Stiftung Ethos, die institutionelle Anleger vertritt, betont allerdings, dass konkrete Ziele wichtig seien, um Fortschritte eines Unternehmens zu messen.

Wir werden im Aktionärsdialog mit Roche darauf hinweisen, dass die Bemühungen des Unternehmens nun schwieriger zu beurteilen sind.
Autor: Vincenz Mathys Mediensprecher Ethos

Langfristige Investoren wie Ethos seien daran interessiert, Messgrössen wie eine Frauenquote zu haben. Mathys betont: «Wir werden im Aktionärsdialog mit Roche darauf hinweisen, dass die Bemühungen des Unternehmens nun schwieriger zu beurteilen sind.»

Stefan Böhm, Professor für Diversitätsmanagement an der Universität St. Gallen, ist nicht überrascht, dass Roche Diversitätsziele streicht. Ökonomisch aber sei das ein Problem, denn Diversität und Inklusion würden den Unternehmenswert steigern.

Unternehmen mit diversen Teams werden erwiesenermassen nachhaltiger geführt.
Autor: Stephan Böhm Professor für Diversitätsmanagement, Universität St. Gallen

Es gebe zahlreiche Studien, die zeigen, dass unterschiedlichste Diversitätsarten den Geschäftsgang positiv beeinflussen. «Unternehmen mit diversen Teams werden erwiesenermassen nachhaltiger geführt», betont Stephan Böhm.

Diversität könnte zum strategischen Vorteil werden

Wenn Roche jedoch tatsächlich Diversität und auch Inklusion aus offiziellen Dokumenten streiche, aber gleichzeitig in Europa zumindest weiter fördere, dann könne das für sie sogar zum Vorteil werden. «Wenn wir uns hier besser aufstellen, ist das etwas, das für Toptalente auch aus den USA attraktiv ist, um nach Europa zu kommen.»

Drei Frauen bei einer Besprechung im Büro.
Legende: Die neuen Verordnungen zu Diversität, Gleichheit und Inklusion der US-Regierung sorgen offenbar auch beim Schweizer Pharmakonzern Roche für eine Strategieänderung. IMAGO/imageBROKER/Unai Huizi

Die USA seien Europa und der Schweiz in vielen Bereichen in den letzten Jahrzehnten enteilt, gerade weil sie die unterschiedlichsten innovativen Köpfe erfolgreich zu integrieren vermochten, ist der Diversitätsmanagement-Professor überzeugt. Wenn die USA nun diesen Trumpf selbst aus der Hand gäben, sollten ihn europäische und Schweizer Unternehmen aufnehmen.

Echo der Zeit, 25.3.2025, 18 Uhr;stal

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