Die Mitarbeitenden des Basler Pharmakonzerns Roche haben heute ein einseitiges Schreiben erhalten. Darin ist zu lesen, dass die «Chief Diversity Offices» in den USA und Basel umbenannt und neu ausgerichtet werden.
Anders gesagt: Der Konzern baut den Diversity-Bereich ab.
Der Konzern wird künftig keine Frauenquote bei Führungspositionen mehr anstreben. Bislang galt ein Zielwert von 38 Prozent. Auch bei der kulturellen Vielfalt wird das Ziel, 19 Prozent ethnische Minderheiten zu beschäftigen, gestrichen. Statt auf «Diversität» werde die Roche nun nur noch auf «Inklusion und Zugehörigkeit» setzen.
Was die Umbenennung konkret für die Gleichstellung innerhalb von Roche bedeutet, ist noch nicht klar. Der Konzern gibt SRF dazu keine Auskunft. Er teilt lediglich mit, dass die Ziele und Programme überprüft und angepasst würden. So, dass Roche die gesetzlichen Vorschriften aus den USA einhalten könne.
Die Medienstelle schreibt: «Vor dem Hintergrund der neuen US-amerikanischen Exekutivverordnungen zu ‹Diversity, Equity and Inclusion›, haben wir unsere Ziele und Programme sowohl auf globaler als auch auf US-amerikanischer Ebene überprüft und angepasst, um die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.»
Roche erzielte 2024 rund die Hälfte des Umsatzes in den USA und beschäftigt dort mit 26'000 Mitarbeitenden ein Viertel der gesamten Belegschaft – so viel wie in keinem anderen Land. Weil der US-Markt für den Konzern so wichtig sei, gelten die neuen Spielregeln nicht nur dort, sondern auf globaler Ebene, schreibt Roche.
Roche ist nicht der einzige Konzern, der seine Diversitätsziele aufgibt. Auch die UBS kippt diese Ziele. Im Jahresbericht von 2023 waren die Wörter «Diversität, Inklusion und Gleichberechtigung» noch 21-mal enthalten. Dieses Jahr sind diese Wörter vollständig verschwunden. Ihr Ziel, bis Ende Jahr 30 Prozent Frauen im Kader zu haben, streicht die UBS ebenfalls, berichtete unter anderem die NZZ.
Und auch Novartis unterwirft sich den neuen Regeln von Donald Trump, wie der Konzern gegenüber SRF schreibt: «Aufgrund der sich verändernden rechtlichen und politischen Landschaft in den USA sind gewisse Anpassungen erforderlich.» So werde Novartis etwa «die Verwendung diverser Kandidatenlisten und Auswahlgremien im Einstellungsprozess für alle Positionen in den USA einstellen».
Wissenschaftlerin spricht von Selbstzensur
Professorin Nathalie Amstutz findet diese Entwicklung «sehr problematisch». Sie forscht an der Fachhochschule Nordwestschweiz zu Gleichstellung und Gleichberechtigung in Firmen.
In den letzten Jahren habe man Roche und Novartis stets als Vorzeigebeispiele genannt. Dass diese Firmen ihre Ziele nun fallen lassen, «habe etwas von Selbstzensur», sagt Amstutz.
Dass die Konzerne sich den US-Regeln beugen würden, hält Nathalie Amstutz für falsch. «Wenn sich die Konzerne jetzt vorauseilend der Trump-Agenda unterwerfen und solche Begriffe löschen, dann ist das nicht eine Einhaltung im Sinne des Rechtsstaats.»
Einrollen der Regenbogenfahne
Anstelle einer Lösch-Aktion wünscht sich Amstutz eine Debatte und klare Positionen. Es sei wichtig, jetzt Haltung zu zeigen – «anstatt die Regenbogenfahne einzurollen und so zu tun, wie wenn das nichts mit der Firmenkultur machen würde».
Das sei nämlich nicht der Fall, so Amstutz.