- Im Streit um die neuen US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte hat die EU die WTO eingeschaltet.
- Die EU beschwert sich bei der Welthandelsorganisation offiziell und verlangt ein Schlichtungsverfahren.
- Gleichzeitig hält sich Brüssel mit dem Schritt die Möglichkeit von Ausgleichsmassnahmen offen.
Washington begründet die Einführung von Zöllen auf Stahl mit der nationalen Sicherheit. Ist diese tatsächlich gefährdet, akzeptiert auch die Welthandelsorganisation WTO diese Begründung.
Im vorliegenden Fall aber ficht die EU diese Rechtfertigung an. Es gehe den USA einzig um den Schutz von US-Unternehmen vor ausländischer Konkurrenz und das sei nach den Regeln des Welthandels nicht zulässig, heisst es in Brüssel.
EU verlangt Schlichtungsverfahren
In einem Dokument, dass die WTO am Montagabend veröffentlicht hat, verlangt die EU deshalb offiziell ein Schlichtungsverfahren. China ist bereits Anfang Monat in der gleichen Sache an die WTO gelangt. Konsultationen der Streitparteien sollen so rasch wie möglich beginnen.
Die EU gelangt an die Welthandelsorganisation, obwohl ihre Mitglieder bisher von den neuen US-Zöllen ausgenommen sind. Diese Regelung ist aber befristet und läuft am 1. Mai aus. Für den Fall, dass die USA nicht zu einer dauerhaften Ausnahmeregelung Hand bieten, behält sich die EU vor, Vergeltungsmassnahmen zu ergreifen. Die Rede ist von zusätzlichen Zöllen auf US-Produkte wie Whiskey, Motorräder und Jeans.
Rechtliche und politische Vorteile
Das WTO-Verfahren eröffne der EU zum einen die Möglichkeit zur Klärung der Rechtsfragen, erklärt Michael Hahn, Professor für Europa- und Wirtschaftsvölkerrecht und Direktor am Welthandelsinstitut der Universität Bern. Zum anderen könnten die Europäer in politischer Hinsicht verdeutlichen, dass sie das Verhalten der USA nicht unter allen Umständen hinnehmen werden. Schliesslich bleibe während des Verfahrens auch Zeit für eine allfällige einvernehmliche Lösung.
Verfahren dürfte mindestens drei Jahre dauern
Was die Berufung im Fall eines Schiedsspruchs angeht, so sind laut Hahn die Fristen im WTO-Recht kurz. Berufungsverfahren würden in der Regel innerhalb von 90 Tagen abgeschlossen. Die Lage sei aber insofern speziell, als dass die Amerikaner zurzeit das ständige Berufungsorgan, den «Appellate Body», blockierten, womit die Neu-Ernennung von drei der insgesamt sieben Richtern nicht erfolgen kann.
Grundsätzlich kann jeder WTO-Mitgliedstaat diese Berufung blockieren. Das Gremium sei bereits jetzt völlig überlastet und werde vermutlich Ende Jahr gar nicht mehr funktionsfähig sein, so Hahn. Die Berufung gegen ein allfälliges Urteil ginge damit ins Leere. Zu hoffen sei, dass diese Blockade ende. Dann werde es bei einem ungefähr dreijährigen Verfahren bleiben.
Chancen und Risiken
Was die Erfolgsaussichten betrifft, so schätzt Hahn das Risiko aus amerikanischer Sicht hoch ein. Die Europäer wiederum hätten gute Chancen, aus rechtlicher Sicht Erfolg zu haben. «Es ist aber klar, dass politisch das Ganze ein ziemliches Schlamassel und wirklich bedauerlich ist», betont Hahn.