«Die Eisenbahn ist unser Geschäft, jetzt wie auch in 10 Jahren», das ist die Botschaft von Vincent Ducrot nach seiner 100-Tage-Bilanz. Die SBB habe die Corona-Krise bisher operativ gut bewältigt, meint der SBB-Chef.
Allerdings rechnet er Corona bedingt mit Verlusten in der Höhe von mehreren hundert Millionen Franken. Ansonsten will Ducrot die Pünktlichkeit verbessern, den Personalmangel beheben, sowie Unterhalt und Rollmaterial verstärken und den internationalen Fernverkehr ausbauen.
Hier die brennendsten Aufgabenbereiche für die SBB:
- Corona-Pandemie: Der Umgang mit der Corona-Krise hat nach wie vor oberste Priorität. Es wird sich zeigen, ob nun mit oder trotz der Maskenpflicht die Züge wieder besser ausgelastet sein werden. Was die finanziellen Einbussen betrifft, erhält die SBB Unterstützung vom Bund: Der Bundesrat stellt 800 Mio. Franken zur Verfügung, um die finanziellen Verluste abzufedern.
- Pünktlichkeit: Diese hat in den letzten drei Monaten wieder Traumwerte erreicht. So kam es kaum zu nennenswerten Verspätungen, wie Auswertungen der Internet-Plattform «pünktlichkeit.ch» zeigen. Allerdings ist dies vor allem auch dem Corona bedingt ausgedünnten Fahrplan geschuldet. Ducrot will die Fahrpläne 2022 und 2025 einer Robustheitsprüfung durch Fahrplanexperten unterziehen.
- Unterhalt und Rollmaterial: Die Zahl der Baustellen wird in den nächsten Jahren eher noch zunehmen. Dies dürfte sich negativ auf Pünktlichkeit und Fahrkomfort auswirken. So soll der letzte der 62 Bombardier-Doppelstockzüge erst Anfang 2022 ausgeliefert werden. Immerhin: Bereits ab diesem Monat soll der neue Doppelstockzug regelmässig auf der Paradestrecke St. Gallen und Genf verkehren.
- Personalmangel: Nach wie vor hat die SBB viel zu wenige Lokführer. Auch in diesem Sommer wird die Situation angespannt bleiben. Im Herbst werden 340 neue Lokomotivführer ausgebildet. Sie werden auf verschiedenen Lok-Typen geschult, so dass sie künftig flexibler eingesetzt werden können. Ab nächstem Jahr soll das Soll bei den Lokführern wieder erreicht sein, verspricht Ducrot.
Ducrot zeigt sich nicht als Visionär
Vincent Ducrot ist angetreten, die SBB in ruhigere Gewässer zu führen. Letzteres ist ihm nicht gelungen, wofür er aber nichts kann, da die Corona-Krise alles dominiert hat. Erst die nächsten Monate werden zeigen, ob der 57-jährige Freiburger die anstehenden Probleme wie Pünktlichkeit, Personalmangel etc. lösen kann und das Vertrauen der Mitarbeitenden zurückgewinnt.
Damit aber nicht genug. Ducrot muss auch Ideen haben, wie die SBB auf neue Formen der Mobilität reagieren soll, wie sie damit umgehen muss, wenn sich Home-Office nachhaltig etabliert und die Pendlerzüge halb voll bleiben. Braucht es dann wirklich diese milliardenschweren Ausbauschritte noch? Hier braucht es Antworten und Visionen. Aber als Visionär hat sich der neue SBB-Chef bisher noch nicht bewiesen.