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WEF 2025 «Trump wird ihnen allen die Show stehlen»

Das WEF steht für Zusammenarbeit, der neue US-Präsident fürs Gegenteil. Und doch dreht sich in Davos fast alles um ihn.

Wer kommt nach Davos? 60 Staats- und Regierungsoberhäupter, 900 Konzernchefinnen und -chefs, etliche Vertreter der Zivilgesellschaft. Der neue US-Präsident Donald Trump kommt – Stand jetzt – nicht persönlich. Er schaltet sich drei Tage nach Amtsübernahme per Video ans WEF. «Er wird allen die Show stehlen», sagt Sebastian Ramspeck, internationaler Korrespondent von SRF.

WEF in Davos ab Montag

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Das diesjährige World Economic Forum WEF findet ab heute Montag in Davos statt. Es dauert bis am Freitag. An der 55. Ausgabe des Wirtschaftstreffens nehmen über 3000 Personen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft teil. (sda)

Weshalb ist Trumps Auftritt wichtig? «Von Trumps Rede erhofft man sich weitere Hinweise darauf, wie der mächtigste Mann der Welt seine To-Do-Liste abarbeiten will», sagt Ramspeck. Wie rasch schafft er Leute aus dem Land, wie schnell zieht er Zölle hoch? Wie viel Druck übt er auf Israel und die Hamas aus, wie viel auf die Ukraine und Russland?

Weshalb kommen so viele Konzernchefinnen und -chefs? Auch sie warten gebannt auf Trumps Ankündigungen. Aber sie kommen auch, um in den Hinterzimmern grosse Deals aufzugleisen oder abzuschliessen. Nirgendwo sonst treffen sie so viele Geschäftspartnerinnen und -partner auf so engem Raum in so kurzer Zeit.

Wie passt Trump zum WEF? Nicht gut. WEF-Gründer Klaus Schwab wird erneut die aktuellen Risiken betonen: Desinformation, gesellschaftliche Spaltung, Klimawandel. Und eines der WEF-Ziele lautet bis heute, den Zustand der Welt zu verbessern. Dazu gehört für Schwab etwa, den Freihandel und den Klimaschutz zu propagieren. «Trump hält nichts von Freihandel und Klimaschutz», sagt Ramspeck. Und die Zahl der Staatspräsidenten und Regierungschefinnen, die es ähnlich sehen, habe in den vergangenen Jahren eher zu- als abgenommen.

Was heisst das für die Unternehmen? Die Dringlichkeit von Freihandel wird kaum bestritten. In Sachen Klimaschutz, aber auch in Sachen Diversität schwenken erste Konzerne jedoch um. Einige US-Banken verlassen die Klimaallianz «Net Zero Asset Managers». Meta-Chef Mark Zuckerberg fordert mehr männliche Energie und eine Kultur, die Aggressivität stärker zelebriert. Ob aus Überzeugung oder Opportunismus, ist nicht bekannt.

Was sind die brennendsten Wirtschaftsthemen? Ein grosses Thema ist die Staatsverschuldung. Weltweit steht sie bald bei 100 Prozent der Wirtschaftsleistung, auch weil die USA und China das Geld mit beiden Händen ausgeben. Der internationale Währungsfonds warnt eindringlich vor den Gefahren. Zudem wird sich vieles um Künstliche Intelligenz drehen, unzählige Studien, Podien und Nebenveranstaltungen beschäftigen sich mit KI. Das diesjährige Motto lautet «Collaboration in the Intelligent Age», also Zusammenarbeit im Zeitalter der Intelligenz. Beratungsunternehmen warnen – in der Hoffnung auf lukrative Aufträge –, die Unternehmen seien nicht genügend auf die KI-Revolution vorbereitet.

Wird KI die Politiker beschäftigen? Ja. KI weckt Hoffnungen auf neue Formen der Zusammenarbeit, auf mehr Wohlstand, ein bequemeres Leben. «Doch politisch scheint sie derzeit vor allem der Kontrolle und Konfrontation zu dienen», sagt Ramspeck. Sie helfe Autokraten und Diktatoren dabei, die Bevölkerung zu überwachen. In Demokratien ermögliche sie Politikerinnen und Politikern, Wahlkämpfe mit Deepfakes zu gewinnen. «Und im Krieg kann der Feind dank KI nun vollautomatisch getötet werden.» Das WEF-Motto 2025 beschreibt also mehr eine Wunschwelt als die Politrealität.

Tagesschau, 17.01.2025, 19.30 Uhr

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