Darum geht es: Seit dieser Woche ist die in den USA gehypte Abnehmspritze Wegovy der Firma Novo Nordisk auch in der Schweiz erhältlich, wie der «Tages-Anzeiger» meldet. Das verschreibungspflichtige Medikament wird einmal wöchentlich am Bauch, am Oberschenkel oder am Oberarm in die Haut injiziert. Der in Wegovy enthaltene Wirkstoff Semaglutid setzt im Hirn den Impuls frei, dass man satt ist. Deshalb isst man weniger und nimmt ab. Ursprünglich war der Wirkstoff für Diabetespatientinnen und -Patienten entwickelt worden.
So gut wirkt Wegovy: Laut einer britischen Studie mit insgesamt fast 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern haben Probanden, denen Wegovy verabreicht wurde, nach anderthalb Jahren rund 15 Prozent ihres Körpergewichts verloren. Die Vergleichsgruppe erreichte mit einem Placebo nur einen Verlust von gut zwei Prozent. Wenn das Präparat allerdings abgesetzt wird, kommt es ziemlich schnell wieder zu einer Gewichtszunahme. Man muss Wegovy also dauerhaft anwenden, um das Gewicht zu halten.
Nur für Übergewichtige: Um die verschiedenen Fettweg-Spritzen, zu denen auch Wegovy gehört, ist in den letzten Monaten ein regelrechter Hype ausgebrochen – Prominente vor allem aus den USA schwärmten öffentlich davon. Folge: Es kam zu weltweiten Lieferengpässen – auch für Diabetespatienten. In der Schweiz muss Wegovy vom Arzt verschrieben werden und ist für Fälle von Adipositas oder Übergewicht vorgesehen. Zusätzlich zum Medikament braucht es eine ärztliche Betreuung und eine Therapie. Denn es gibt auch Nebenwirkungen: Übelkeit, Durchfall, Verstopfung oder Erbrechen.
Multimilliarden-Geschäft: Grundsätzlich ist Abnehmen für die Pharmaindustrie ein Riesengeschäft. Es leiden immer mehr Menschen an Übergewicht – auch in der Schweiz. Laut Angaben des Bundes ist hierzulande fast ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig, rund zwölf Prozent sind adipös, also fettleibig. «Aus Sicht der Pharmaindustrie sind das natürlich viele potenzielle Kundinnen und Kunden», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Sven Zaugg. In der Tat explodieren die Umsätze, wegen der grossen Nachfrage nach Wegovy sind Lieferengpässe entstanden. So wurde das Medikament in der Schweiz schon vor anderthalb Jahren von den Behörden zugelassen, doch erst jetzt ist es auch tatsächlich erhältlich.
Schweizer Fehleinschätzung: Die Schweizer Pharmamultis haben den Einstieg ins Abnehm-Geschäft verpasst. Für Roche ist das Ganze eine bittere Pille: Vor rund vier Jahren verkaufte eine japanische Roche-Tochter ein ähnliches Fettweg-Präparat wie Wegovy an den US-Pharmariesen Eli Lilly. Offenbar erkannte man in Basel das Potenzial nicht oder dachte, es passe nicht in die Geschäftsstrategie. Bei Eli Lilly avancierte die Arznei zum Blockbuster. Heute ist es das Zugpferd des Unternehmens.