Der Krieg in der Ukraine ist noch nicht beendet. Doch es wird bereits über den Wiederaufbau diskutiert. Dies bald in der Schweiz, an der Ukraine-Konferenz in Lugano. Welche Rolle die Schweiz dabei haben soll, dazu hat Bundespräsident Ignazio Cassis Stellung genommen.
SRF News: Im Juli findet in Lugano eine Konferenz zum Wiederaufbau in der Ukraine statt. Wird auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in die Schweiz kommen?
Ignazio Cassis: Der Präsident und der Premierminister werden beide nach Lugano kommen. Ob sie physisch oder virtuell vor Ort sein werden, ist wohl aus Sicherheitsgründen erst wenige Stunden vor Beginn der Konferenz klar.
Selenski fordert Unterstützung für den Wiederaufbau seines Landes. Wie viel wird die Schweiz zahlen?
Es geht nicht ums Geld. Es geht darum, einen Prozess aufzugleisen, der zu einem Plan für den Wiederaufbau führt. Dabei müssen drei Elemente geklärt werden. Punkt eins: Welche Prinzipien werden diesen Prozess leiten? Punkt zwei: Wie kann man die Finanzflüsse überwachen? Punkt drei: Welche Reformen müssen mit dem Wiederaufbau garantiert werden? Dann müssen wir entscheiden, wer überhaupt neben der Ukraine am Tisch sitzen darf und mit welcher Geschwindigkeit der Plan umgesetzt werden soll.
Bei der Konferenz geht es somit nicht primär ums Geld?
Alle Staaten sollen ein Versprechen abgeben können. Das hat aber eher symbolischen Charakter, um unsere Unterstützung zu zeigen. Zuerst müssen wir allerdings abklären, wie viel das alles überhaupt kostet.
Wie wird kontrolliert, wohin das gesprochene Geld für die Ukraine fliesst?
Es ist richtig, dass die Ukraine zur Gruppe von Ländern mit hoher Korruption gehört. Das war auch der Grund, weshalb wir die Ukraine bei ihren Reformen zur Bekämpfung der Korruption unterstützen. Das gehört zu den vorher genannten Prinzipien. Die Geldflüsse müssen überwacht werden.
Es gab Kritik, dass die Schweiz die EU-Sanktionen übernommen hat. Ist die Schweiz nun nicht mehr neutral?
Die Schweiz ist und bleibt neutral. Sie hat schon mehrmals EU-Sanktionen übernommen. Dieses Mal hat sie es aber viel schneller getan. Vor allem handelte es sich früher nicht um militärische Aggressionen eines Landes gegenüber einem anderen auf dem europäischen Kontinent. Die Übernahme von EU-Sanktionen ist zu 100 Prozent kompatibel mit unserem Neutralitätsrecht.
Das Gespräch führte Reto Lipp.