Nach einer Schadensersatzklage sind die Schweizer Vermögensverwaltungsfirmen Anova Holding AG und Becon AG von einem Gericht im US-Bundesstaat New Jersey Anfang Juli zu einer Busse von über 90 Millionen Dollar verurteilt worden. Anova und Becon sind Nachfolgeunternehmen des Baumaterialkonzerns Eternit-Gruppe. Eternit betrieb in Südafrika Minen, in denen das Mineral Asbest abgebaut wurde und als Rohstoff oder in Baumaterialien verarbeitet weltweit vertrieb.
Die Kläger im Fall Johns-Manville
Geklagt hatten Familienangehörige von 11 Personen, die mit Asbest in Kontakt gekommen waren und später an einem Asbest-Mesotheliom, einer Tumorerkrankung, gestorben sind. Die Betroffenen stammten aus der Stadt Manville in New Jersey, wo sie beim Unternehmen Johns-Manville bis in die 1980er-Jahre ungeschützt Asbest in Baumaterialien verarbeiteten und später an Lungenkrebs starben.
Die Angehörigen klagten gegen die Anova Holding AG und die Becon AG, weil diese Gesellschaften als Nachfolger der Eternit-Gruppe zwischen 1950 und 1980 Asbest unter anderen auch an Johns-Manville verkauft hatten. Das Unternehmen musste 1982 unter dem Druck von Asbestklagen Konkurs anmelden.
Kampf mit der Vergangenheit
Im Gerichtsverfahren in New Jersey machen die Anwälte der Kläger geltend, gemäss internationalen Verträgen hätte die Investmentberatungsfirma Anova Holding AG für die Schädigungen durch Asbest einzustehen. Der Eternit-Erbe Stephan Schmidheiny hatte die Anova mit Erlösen aus dem Asbestgeschäft gegründet.
Bereits 2012 wurden Stephan Schmidheiny und der Teilhaber Jean-Louis Marie Ghislain de Cartier de Marchienne nach Asbestklagen durch ein italienisches Gericht zu 16 Jahren Haft verurteilt - in Absenz der Angeklagten. Die Anwälte der Kläger verlangten die Umsetzung dieses Urteils gemäss der Handelskonventionen von Den Haag.
Anova und Becon sind auf die Klage in den USA nie offiziell eingetreten und wurden vom US-Gericht ebenfalls in Abwesenheit verurteilt. Wann oder ob die Entschädigungszahlung an die Opferfamilien gehen werden, ist deshalb noch nicht abzusehen.
Wie die «WOZ» weiter schreibt, ist es laut dem Schweizer Anwalt und Haftpflichtspezialisten David Husmann nicht einfach, die Schadenersatzforderung einzutreiben. Das Urteil zeige jedoch, dass die Nachwirkungen der unbesonnenen Verwendung von Asbest noch längst nicht abgeschlossen sei. Laut Husmann hätten es Geschädigte in der Schweiz viel schwieriger als in den USA, Entschädigungen zugesprochen zu bekommen.
Verurteilte Firmen zuversichtlich
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Gemäss der «Wochenzeitung» (WOZ), die in ihrer Ausgabe vom Donnerstag über den Gerichtsfall berichtet, anerkennen die Becon AG und die Anova Holding AG das Urteil nicht. Schmidheinys Pressesprecherin Lisa Meyerhans bestätigte auf Anfrage der Agentur sda diese Information.
Es handle sich um ein inneramerikanisches Urteil, das in der Schweiz durchgesetzt werden müsste, teilte Meyerhans mit. «Ob und wann solche Durchsetzungsansprüche in der Schweiz gestellt werden, können wir nicht beurteilen.» Die beiden Firmen seien jedoch überzeugt, «dass solche Urteile auf Basis der Schweizerischen Rechtsordnung nicht geschützt sind». Die Schweiz werde also keine Rechtshilfe leisten.
Meyerhans schrieb zudem, dass weder die Becon AG noch die Anova Holding AG je in den USA aktiv gewesen seien. «Sie waren entsprechend auch nicht vor Gericht in New Jersey vertreten und haben das Urteil aus den Medien erfahren.»