Minus 23 Prozent. So stark sind die Kurse an der griechischen Börse in den ersten Minuten nach der Eröffnung abgestürzt. Der Minusrekord kommt, nachdem die Börse fünf Wochen lang geschlossen blieb. Inzwischen haben sich die Anleger wieder etwas gefangen. Zum Börsenschluss belief sich der Verlust auf mehr als 16 Prozent.
Besonders betroffen vom Kurssturz sind die Banken. Deren Aktienkurse sackten gar um 30 Prozent ab. Die Banken kämpfen damit, dass die Griechen in den letzten Monaten Milliarden Euro von ihren Konten abgezogen haben. «Neues Kapital ist dringend nötig, und darüber wird derzeit mit den Geldgebern auch verhandelt», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Samuel Emch.
Zudem ist die Wirtschaft wegen der Kapitalverkehrskontrollen in den letzten Wochen praktisch zusammengebrochen, wie SRF-Börsenexperte Reto Lipp ausführt. Dazu kommt ein neues Sparpaket, das die Regierung umsetzen muss.
Fusionen – oder Kollaps
Experten gehen davon aus, dass die griechische Wirtschaft um 4 Prozent schrumpfen wird. «Das führt dazu, dass viele Unternehmen ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen können», sagt Lipp. «Die Banken sitzen also auf einem riesigen Berg von sogenannt faulen Krediten.»
Viele Anleger glaubten deshalb, dass von den vier griechischen Grossbanken nur zwei überleben werden. Damit würde es entweder zu Fusionen kommen – oder gewisse Banken könnten sogar Pleite gehen. «Deshalb wollen die Besitzer von Bankaktien ihre Titel möglichst schnell loswerden», sagt Lipp. Das Resultat: Die Piräus Bank und die National Bank of Greece verloren zeitweise 30 Prozent an Wert.
Griechen dürfen nur beschränkt handeln
Wegen der drohenden Rezession war der Kurssturz an der Athener Börse erwartet worden. «Weil aber nicht gehandelt wurde, konnte die Börse erst jetzt auf die Entwicklungen der letzten Wochen reagieren», erklärt Wirtschaftsredaktor Samuel Emch. Die Schliessung der Athener Börse war Ende Juni beschlossen worden. Ziel war unter anderem, einen Zusammenbruch der griechischen Banken zu verhindern.
Zum Kursverlust trägt auch bei, dass die Griechen nur beschränkt Aktien kaufen dürfen. So können sie bis auf weiteres nur Titel kaufen, wenn sie dafür Gelder aus dem Ausland ins Land bringen oder Bargeld anlegen. Verkäufe sind dagegen unlimitiert möglich. «Ein solcher Markt führt dazu, dass die Preise sinken», sagt Reto Lipp.
Streit zwischen IWF und Euro-Gruppe
Wie es mit Griechenland weitergehe, sei unklar. Bis am 20. August müsste Griechenland ein neues Hilfspaket verabschieden. «Doch niemand weiss, ob dieses Hilfsprogramm wirklich kommt», sagt Lipp. Der Grund: Meinungsunterschiede zwischen dem IWF und Mitgliedern der Euro-Gruppe. «Wenn der IWF beim dritten Paket nicht mitmachen würde, müssten die Europäer noch mehr bezahlen.» Das wiederum würde zu grossen Diskussionen führen. Lipps Fazit: «Die griechische Wirtschaft kommt nicht zur Ruhe. Das ist Gift für das Wachstum.»