Die EU will dafür sorgen, dass die Milliardenhilfen für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit schneller eingesetzt werden können. Denn guter Rat ist teuer. Gerade in den südlichen Ländern Europas kämpfen die Gesellschaften mit Jugendarbeitslosigkeits-Quoten um die 50 Prozent. Tendenz steigend.
Milliarden in die Jugend investieren
Nach dem Ende des 3. Beschäftigungsgipfels in Mailand sprachen sich sowohl die Spitzen der EU-Institutionen als auch die Chefs der grossen Euro-Staaten für ein vereinfachtes Verfahren aus. «Bevor man über neue Milliarden redet, muss man die Fonds nutzen, die es gibt», sagte Frankreichs Präsident Francois Hollande.
Für die sogenannte Jugendgarantie, nach der allen Jugendlichen in der EU spätestens vier Monate nach der Arbeitslosigkeit eine Stelle oder eine Ausbildung erhalten sollen, stehen aus dem EU-Sozialfonds zehn Milliarden Euro und für das Programm Jugendbeschäftigung sechs Milliarden bereit.
Die Europäischen Investitionsbank (EIB) bewilligte zudem bis Ende August 9,7 Milliarden Euro für Qualifizierung und Jobs von Jugendlichen. Ob das ausreicht. um der Jugend Europas wieder eine Perspektive zu bieten, darüber indessen scheiden sich die Geister.
Arbeitslosigkeit bedroht Demokratie
Für Klaus Dörre müsste die gesamte europäische Wirtschaftspolitik dringend verändert werden. Die Krise dauere nun schon sechs Jahre, die bisherigen Massnahmen hätten nur sehr begrenzt Wirkung gezeigt, sagt der Professor für Wirtschaftssoziologie an der Universität Jena. Dörre ist Fachmann für Jugendarbeitslosigkeit.
Das habe gravierende Konsequenzen, sagt Dörre: «Die Hoffnung auf sozialen Aufstieg stirbt. Das Vertrauen in die Wirkungsmacht der Politik schwindet. Das führt dazu, dass Menschen nicht mehr an demokratische Strukturen glauben.» Die Folge sei ein Aufschwung rechtsnationalistischer Strömungen, wie der Goldenen Morgenröte in Griechenland oder dem Front National in Frankreich.
Ein Bildungssystem wie die Schweiz
Statt einer zunehmenden Flexibilisierung des Kündigungsschutzes, wie dies Italiens Regierungschef Renzi anstrebt, müssten die betroffenen Staaten den Übergang von Ausbildung ins Berufsleben besser gestalten. «Eine stärkere Verzahnung von schulischer und betrieblicher Ausbildung ist ein guter Ansatz», sagt der Wirtschaftssoziologe.
Neben der Förderung des dualen Berufsbildungssystems, wie es in der Schweiz üblich ist, brauche es einen grundlegenden Strukturwandel unter einer neuen Wirtschaftspolitik, die zukunftsorientiert investiere. Die Mittel müssten dorthin gelenkt werden, wo Innovation aus ökologischen und sozialen Gründen dringend gebraucht werde, etwa in der Industrie oder im Dienstleistungssektor.
Viel Gelder gesprochen – nur wenig bezahlt
Dies werde aber durch die Austeritätspolitik, die vor allem von nordeuropäischen Ländern durchgesetzt wurde, verhindert, sagt Dörre. «Die Sparprogramme der Regierungen hemmen das Wirtschaftswachstum und nehmen den betroffenen Ländern die Entwicklungschancen.» Die von der EU bereitgestellten Mittel seien eher ein «Beruhigungsprogramm», als eine Lösung der hohen Arbeitslosigkeit.
Das dürfte nicht zuletzt auch an der Geschwindigkeit liegen, mit der man die Massnahmen in Europa umsetzt. Von den sechs Milliarden für das Jugendbeschäftigungs-Programm sind erst 1,1 Milliarden Euro für Italien, 432 Millionen Euro für Frankreich sowie Gelder für Litauen gesprochen worden.
In Brüssel hängig sind über 30 Umsetzungsprogramme von rund 20 Staaten mit besonders grossen Beschäftigungsproblemen. «Wir stehen am Anfang und die Mühlen mahlen langsam», sagte die deutsche Arbeitsministerin Andrea Nahles dazu. Es gehe jetzt wirklich darum, «die Arbeit auf europäischer Ebene effektiver zu machen».