Der internationale Steuerwettbewerb sei ruinös, findet die vor kurzem gegründete unabhängige Kommission für die Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung kurz ICRICT.
Gesamten Konzerngewinn berechnen
Politiker und Wissenschafter wie Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz oder der frühere UNO-Untergeneralsekretär José Ocampo sitzen in der Kommission. Sie seien überzeugt, dass alle Staaten verlieren, wenn jeder versuche steuerlich attraktiver zu sein als der andere, sagt Eva Joly, die für Frankreichs Grüne im Europa-Parlament und auch in der Kommission sitzt. Der Grund: Viele multinationale Unternehmen nutzen den Wettbewerb aus – auf legale Weise, indem sie Tochtergesellschaften schaffen und die Gewinne dorthin verschieben, wo am wenigsten Steuern anfallen.
Da gebe es nur eins, sagt Joly: Nicht jede Tochtergesellschaft einzeln, sondern den Konzern als eine Einheit besteuern. Sprich: Eine globale Institution berechnet den Gesamtgewinn eines Konzerns, besteuert ihn und verteilt die Einnahmen dann auf die Länder, in denen der Konzern aktiv ist. Zum Beispiel entsprechend der Anzahl Mitarbeiter je Land.
Die Profiteure wehren sich
So simpel die Idee tönt, ihre Umsetzung wird schwierig: Die Länder, die bisher vom Steuerwettbewerb profitiert haben, wehren sich gegen Veränderungen. Bei der ICRICT heisst es denn auch, die Massnahmen, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD gegen Steuerumgehungspraktiken plant, seien viel zu schwach. Joly will den Vorschlag ihrer Kommission denn auch als Fernziel verstanden wissen.
Derweil gehen die Entwicklungen in den Ländern in eine andere Richtung. Die Schweiz schafft mit der Unternehmenssteuerreform III, die vor der Vernehmlassung steht, zwar gewisse Steuerprivilegien ab, ersetzt sie aber durch neue und nimmt einen Rückgang der Steuereinnahmen in Kauf, um als Standort attraktiv zu bleiben. Das Ziel der Anhänger einer globalen Steuerreform bleibt also vorerst ein Fernziel.