Der Präsident der CVP Schweiz, Christophe Darbellay, sieht nach Vasellas Verzicht die Felle für den Gegenvorschlag davonschwimmen. «Die Entscheidung hat der Abstimmung sicher nicht geholfen», sagt er im Interview mit Radio SRF. Es sei eine sehr schwierige Abstimmung am 3. März, sagt er, eine emotionale. «Es ist nicht möglich, mit Fakten zu operieren.»
Fragezeichen bei Thomas Minder
Trotzdem hätte man mit dem Gegenvorschlag auch im Falle Vasella eine schlagfertige Lösung gehabt, betont Darbellay. Diese hätte die Initiative nicht geboten.
Der CVP-Präsident lobt Vasellas Entscheid: Es sei ein Zeichen der Grösse, wenn man Fehler zugibt und korrigiert.
Trotz Aufwind setzt der Initiant der Abzocker-Initiative, der parteilose Schaffhauser Ständerat Thomas Minder, grosse Fragezeichen hinter die Entscheidung von Vasella, auf die Entschädigung für das Konkurrenzverbot zu verzichten. «Man kann nicht auf etwas verzichten, das einem nichtzusteht.»
Der öffentliche Druck sei einfach zu gross gewesen, so Minder. Der abtretende Novartis-Präsident Daniel Vasella habe die Bevölkerung seitjeher gespalten. Minder «verneigt sich vor der Empörung im Volk».
Gar nicht gut kommt bei Minder der Versuch Vasellas an, den «Winkelried zu spielen». Es sei nichts Neues, dass Manager plötzlich zurückkrebsten, wenn Druck aufkomme. Die Entscheidung Vasellas überrascht Minder deshalb nicht im Geringsten.
Werbung für Initiativen-Befürworter
Freude gibt es bei SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (BS). Sie habe den Rückschritt Vasellas erwartet, sagt sie im Interview mit Radio SRF. «Der Druck ist so stark geworden, dass Vasella einsehen musste, dass er verzichten muss.»
Vasella sei kein Einzelfall, so Leutenegger Oberholzer weiter. Deshalb brauche es eine breite Zustimmung zur Abzocker-Initiative, um die Abzockerei zu stoppen.
FPD-Präsident Philipp Müller will zukünftige Vasellas verhindern. Für ihn ist Vasellas Verzicht auf die Entschädigung Beleg für das Versagen des heutigen Systems.
Dabei sei unwesentlich, ob Vasella das Geld zu spenden gedenke oder darauf verzichte, sagte Philipp Müller. «Das Geschirr ist schon zerschlagen.» Der Vorfall zeige, dass dringender Handlungsbedarf angezeigt sei. Denn heutzutage lasse das System diese «horrenden» Bezüge zu.
Keine Auswirkungen auf den 3. März
Für SP-Präsident Christian Levrat ist klar: Über die Gründe für die Verzichterklärung von Daniel Vasella müsse man sich keine Illusionen machen. «Er hat dem Druck von Economiesuisse nachgegeben.»
Wichtig sei nun, dem «Kartell aus 200 bis 300 Personen», die sich «freimütig aus der Kasse ihrer Unternehmen bedienen» würden, einen Riegel zu schieben, sagte Levrat. Nur eine Verschärfung im Sinne der Abzocker-Initiative verhindere ähnliche Fälle in der Zukunft.
Levrat schätzt, dass die Entscheidung von Vasella keine Auswirkungen auf die Abstimmung am 3. März haben wird. Die Bevölkerung sei seit Längerem von der Notwendigkeit überzeugt, das heutige System zu ändern.
Alleingang des Verwaltungsrates
BDP-Präsident Martin Landolt hofft, dass die öffentliche Empörung, die Novartis zur Verzichterklärung bewog, ein Umdenken eingeläutet hat. «Vasella hat das Sensorium für die Öffentlichkeit noch nicht komplett verloren.»
Gleichsam ändere der Vorfall nichts an der Tatsache, dass der Verwaltungsrat praktisch im Alleingang über die Entschädigung für das Konkurrenzverbot entschieden habe, so Landolt weiter.
Nach Ansicht des BDP-Präsidenten kommt die Entscheidung insofern nicht zu spät, als dass die breite öffentliche Empörung Wirkung gezeigt habe. Aus dieser Warte lasse sich dem Vorfall etwas Gutes abgewinnen. Eine solche Reaktion über Parteigrenzen hinweg sei sehr selten.
Als einziger Parteipräsident möchte Toni Brunner den Entscheid von Daniel Vasella nicht kommentieren. Er nehme diesen zwar zur Kenntnis. Es sei aber ein «persönlicher Entscheid, den ich nicht weiter kommentiere», schreibt der SVP-Präsident in einer Stellungnahme. In seinen Augen wird der Vorfall keinen «grossen» Einfluss auf die Abstimmung haben.