Nachdem die Schweizer Nationalbank bekannt gegeben hat, den Franken-Euro-Kurs nicht mehr auf 1.20 zu festigen, reagieren Politiker von rechts bis links unterschiedlich.
Der Bundesrat reagierte zunächst zurückhaltend. Man habe den Entscheid zur Kenntnis genommen, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Rande einer Medienkonferenz.
Später stellte sich Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann den Medien. Er sei von SNB-Präsident Thomas Jordan kurz vor der Öffentlichkeit informiert worden.
Kein Konjunkturpaket des Bundes
«Die Firmen sind nun sicherlich zusätzlich gefordert», so Schneider-Ammann. Er habe aber Vertrauen, dass sie sich rasch mit den neuen Verhältnissen arrangieren.
Die Politik werde mithelfen, die Rahmenbedingungen so rasch als möglich zusätzlich zu verbessern. Besonders wichtig sei jetzt, die bilateralen Verträge zu sichern. Zudem müsse die Unternehmenssteuerreform III vorangetrieben werden, um den Unternehmen einen attraktiven Steuerstandort bieten zu können.
Nicht zur Diskussion stünden derzeit Hilfemassnahmen wie ein Konjunkturpaket.
Gelassene Reaktionen im bürgerlichen Lager
Sämtliche Parteien sind von der Aufgabe des Mindestkurses überrascht worden. Erst allmählich nehmen sie in den Stunden nach der Bekanntgabe durch die Nationalbank Stellung. Die ersten Reaktionen kamen per Twitter.
Vom St. Galler SVP-Nationalrat Lukas Reimann gibt es Lob für die SNB: Für ihn ist der Entscheid der Nationalbank, auf den Euro-Mindestkurs zu verzichten, «hervorragend und überfällig» gewesen. Die Schweizer Wirtschaft sei gut aufgestellt. Sie werde und müsse den Entscheid verkraften, sagte er.
Für die Exportwirtschaft sei der unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Entscheides eingetretene Euro-Kurssturz zwar schwierig, räumte Reimann ein. «Vielleicht wäre ein Vorgehen in Schritten besser gewesen». Er vertraue jedoch auf das Fachwissen der Verantwortlichen bei der Nationalbank.
Exportwirtschaft gut aufgestellt
FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann hält die durch die überraschende Aufgabe ausgelösten Reaktionen an den Märkten für eine grosse Herausforderung für die Schweizer Wirtschaft. Allerdings sei der Schritt grundsätzlich richtig, sagt der Finanzexperte zu SRF: «Langfristig war ohnehin nie geplant, dass der Franken an eine fremde Währung gekoppelt bleibt.»
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Die Rahmenbedingungen hätten sich nun so geändert, dass die Aufgabe des Mindestkurses vertretbar sei, so Portmann weiter. Die Exportwirtschaft habe sich mit Restrukturierungen auf die Zukunft vorbereitet und könne längerfristig auch mit einem Wechselkurs von 1.10 Franken zum Euro leben.
Ähnlich sieht dies auch BDP-Präsident Martin Landolt. Es sei eigentlich klar gewesen, dass die SNB diesen Schritt irgendwann machen werde. «Die Grenze kann nur für eine bestimmte Zeit festgelegt werden. Die Wirtschaft hatte Zeit, sich darauf einzustellen.»
SP: «Unverständlicher Hochrisiko-Entscheid»
Scharf kritisieren SP und Gewerkschaften die Aufgabe des Mindestkurses. Die Nationalbank riskiere mit dem «unverständlichen Hochrisiko-Entscheid» eine massive Verteuerung des Frankens, schreibt die SP in einer Mitteilung. Sie nehme damit katastrophale Folgen für Volkswirtschaft und Arbeitsplätze in Kauf.
SP-Präsident Christian Levrat gibt zu, er sei von dem Entscheid überrascht worden. Seiner Meinung nach hat die SNB «dem Druck von Rechts nachgegeben». Er befürchtet, dass zehntausende Arbeitsplätze in Gefahr sein könnten.
Die Baselbieter Finanzpolitikerin und SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer nennt den Entscheid der Nationalbank «brandgefährlich» und ein «Va banque»-Spiel mit der Exportwirtschaft. Diese habe sich auf den Mindestkurs eingestellt.
Der Euro-Markt sei für die Exportwirtschaft der wichtigste Markt, sagte Leutenegger Oberholzer am Donnerstag. Die Aufgabe des Mindestkurses bringe neue Unsicherheit und grosse Probleme. Leutenegger Oberholzer fürchtet deshalb auch um Arbeitsplätze. Dass die höheren Negativzinsen eine Hilfe sein können, bezweifelt sie.
Vorerst keine Gefahr für Kantonsfinanzen
Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses überraschte auch die Kantone. Die Zusatzausschüttung, die nach dem Rekordgewinn der Nationalbank in die Kantonskassen fliessen soll, sieht Peter Hegglin (CVP), Zuger Regierungsrat und Präsident der Finanzdirektorenkonferenz (FDK), aber nicht in Frage gestellt.
Der Entscheid der SNB habe zu Überreaktionen geführt. «Es ist falsch, daraus schon Schlüsse zu ziehen.» Zudem werde die Ausschüttung der Nationalbank auf der Basis des Ergebnisses des letzten Jahres gemacht. Es gebe also keinen Grund für die Kantone, jetzt ihre Erwartungshaltung aufzugeben.