Dutzende Medien aus aller Welt haben am Donnerstag mit Hilfe tausender interner Dokumente des Wirtschaftsprüfers PricewaterhouseCoopers aufgezeigt, wie Grosskonzerne über luxemburgische Steuerdeals ihre Steuern optimieren. Diese Praktiken haben sich auch Schweizer Firmen zu Nutze gemacht. In der Schweiz veröffentlichten «Der Bund», «Tages-Anzeiger» und «Le Matin» die Ergebnisse der Recherche.
Untersucht wurden mehrere hundert Steuerrulings aus den Jahren 2002 bis 2010. Dabei handelt es sich um Vereinbarungen, in denen Unternehmen mit den Steuerbehörden des Kleinstaats ihre steuerliche Behandlung vorgängig abgestimmt haben. Solche Vereinbarungen sind legal. Es kamen auch keine illegale Praktiken zum Vorschein.
An konkreten Fällen wird jedoch sichtbar, wie Grosskonzerne mit Milliardenumsätzen wie Amazon, Coca Cola, FedEx, Ikea, Procter & Gamble oder Vodafone es schaffen, auf gewissen Gewinnen weniger als ein Prozent Steuern zu bezahlen. Bis vor kurzem sollen Steuerrulings in Luxemburg teilweise im Dutzend pro Tag genehmigt worden sein.
Auch Schweizer Firmen profitieren
In den Dokumenten wird auch ein Dutzend Schweizer Firmen erwähnt, wie die Zeitungen schreiben. Dazu zählen der Luxuskonzern Richemont, die Manor-Mutter Maus Frères, die früheren Swissair-Töchter SR Technics und Gate Gourmet sowie die Grossbanken UBS und Credit Suisse. Die angefragten Firmen und auch PricewaterhouseCoopers betonen, sich stets an die Gesetze gehalten zu haben.
Die Schweiz spielt auch als Firmenstandort in den komplizierten Firmengeflechten der Konzerne eine gewichtige Rolle. Mit Hilfe von Gesellschaften nach Schweizer Recht lässt sich die Steuerrechnung – teilweise in Kombination mit luxemburgischen Strukturen – legal um Millionen reduzieren.
Juncker in heikler Lage
Dass Luxemburg bei der Steueroptimierung multinationaler Konzerne eine wichtige Rolle spielt, ist hinlänglich bekannt. In eine pikante Rolle bringt dies aber den ehemaligen Luxemburger Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, der neu die EU-Kommission führt. Diese untersucht seit kurzem Steuerdeals zwischen dem Land und dem Online-Händler Amazon. Juncker sagte dem deutschen Sender NDR: «Ich werde in den Fällen keinen Einfluss auf die Geschehnisse nehmen. Ich werde mein Amt nicht missbrauchen.»
Mit der Praxis von Unternehmen, ihre Gewinne in steuergünstige Länder zu transferieren, beschäftigen sich seit Monaten auch die OECD und die G20. Angestrebt werden Massnahmen, dank denen Geschäfte vermehrt dort besteuert werden, wo sie auch gemacht werden. Unter den Ländern herrscht jedoch noch nicht bei allen Fragen Einigkeit. Umstritten sind unter anderem die sogenannten Patentboxen oder Lizenzboxen, mit denen Erträge aus geistigem Eigentum tiefer besteuert werden. Luxemburg bietet diese an; die Schweiz prüft eine Einführung.