Die Schweizer Wirtschaft soll klimaneutral werden. Das heisst konkret: Netto-Null-CO2-Emissionen bis 2050. So zumindest lautet der Plan von Economiesuisse. Den Worten müssen nun Taten folgen, sagt Monika Rühl, die Geschäftsleiterin des Wirtschaftsdachverbands. «Es ist wichtig, dass wir jetzt handeln. Das Netto-Null-Ziel bis 2050 ist sehr ambitiös. Wir müssen konkrete Massnahmen treffen, um dieses Ziel zu erreichen.»
Zu diesem Zweck startet Economiesuisse eine Kampagne: Sie ruft die Unternehmen dazu auf, sich freiwillig – aber verbindlich – auf die Senkung ihres Treibhausgasausstosses zu verpflichten. Bereits haben das gut 60 Schweizer Firmen getan. Sie messen anhand eines internationalen Standards mit wissenschaftlichen Methoden ihre Emissionen. Und sie haben ausgerechnet, wie schnell sie diese senken müssen, um – Schritt für Schritt – klimaneutral zu werden.
Der Standard heisst «Science Based Targets Initiative». Mitgetragen wird diese Initiative unter anderem von der UNO und von Nichtregierungsorganisationen wie dem WWF. Weltweit machen schon über 2000 Firmen mit. Das Spezielle an diesen wissenschaftsbasierten Klimazielen ist: Der Ansatz betrifft die ganze Lieferkette, von der Produktion bis zum Verkauf.
Dadurch entstehe ein gewaltiger Hebel für den Klimaschutz, sagt Rühl: «Nicht nur das einzelne Unternehmen ist betroffen, sondern die ganze Wertschöpfungskette samt den Zulieferern. Die Unternehmen können also auch in diesem Sinne eine Vorreiterrolle spielen.»
Grosskonzerne sind gefordert
Wenn Grosskonzerne Ernst machen würden, sei das sehr wirkungsvoll, bestätigt Klimaschutzexperte Peter Haberstich von Greenpeace Schweiz. Nestlé dürfte zum Beispiel keinen Wald mehr für Plantagen von Kaffee oder Futtersoja mehr abholzen. Bei der Produktion von tierischen Produkten wie Fleisch und Milch wiederum entstehe viel Methan – auch das müsse reduziert werden, erklärt Haberstich weiter: «Das wird dazu führen, dass Nestlé diese Produkte zum Teil mit pflanzlichen Nahrungsmitteln ersetzen wird, um seine Klimaziele zu erreichen.»
Auch die Unternehmen, die derzeit noch als Trittbrettfahrer unterwegs sind, müssen ihre Treibhausgase rasch reduzieren.
Der Klimaschutzexperte begrüsst, dass Economiesuisse die Unternehmen zum Handeln drängt. «Es ist grundsätzlich sehr gut und wichtig, dass Unternehmen selbst das Heft in die Hand nehmen und nicht mehr länger auf die Politik warten.» Das Vorpreschen der Freiwilligen reiche aber nicht. «Auch die Unternehmen, die derzeit noch als Trittbrettfahrer unterwegs sind, müssen ihre Treibhausgase rasch reduzieren.»
Das Label «Klimasünder» will keiner
Tatsächlich beruht beim Vorstoss von Economiesuisse alles auf Freiwilligkeit. Doch Verbandschefin Rühl erwidert: Firmen, die nur zuschauen, wie andere den Klimaschutz vorantreiben, würden sich ins eigene Fleisch schneiden. «Die Unternehmen werden über ihre Massnahmen zur Erreichung der Klimaziele Bericht erstatten müssen – das kommt in der Schweiz und auch weltweit. Sie müssen sich zudem gegenüber ihren Investorinnen und Investoren und den Konsumentinnen und Konsumenten profilieren.»
Mit anderen Worten: Unternehmen, die jetzt nicht handeln, geraten ins Hintertreffen. Sie riskieren, bald einmal als Klimasünder am Pranger zu stehen. Offenbar will Economiesuisse, dass das möglichst wenigen Schweizer Firmen passiert.