Er sei immer der Hannes gewesen, sogar in der Pfadi. Erst spät, bei einem Blick in seinen Pass, habe er realisiert, dass er eigentlich Johannes Markus Nikolaus heisse. «Es braucht drei Heilige, um mich zu bändigen», dachte er. Eine Vorahnung auf sein späteres Leben?
Hannes Britschgi wuchs in Sarnen OW auf. Der Vater war Regierungsrat und die Mutter Feministin, sagt der ehemalige TV-Moderator und Publizist. Da sei es am Mittagstisch schon mal zu einem verbalen «Bisiwätter» gekommen.
Die Eltern sind gestorben, aber Britschgi bewundert seine Mutter heute noch für ihre Selbstständigkeit und Stärke. Sie habe sich auch geweigert, dem Regierungsrat die Schuhe zu polieren. Das musste jeder in der Familie selbst machen. So habe auch er früh gelernt, dass man selbst Staub saugt und das Bett macht.
Hi, I'm Hannes and I looking for a job.
Nach der Matur packte den jungen Hannes Britschgi das Reisefieber. Er wollte ins englischsprachige Ausland und fragte Freunde nach Adressen in Australien, Neuseeland, Amerika, Kanada und England. Allen schrieb er: «Hi, I’m Hannes and I’m looking for a job.»
Er hoffte auf ein Angebot. 1976 rückte er in die Rekrutenschule ein. Nach einer Übung kehrte Hannes eines Tages ins Lager zurück und fand auf seinem Schlafsack ein Luftpostkuvert.
Im Brief stand: «Hi Hannes – wir sind die Familie Pierce in Südkalifornien. Wir haben einen siebenjährigen Paul. Bis jetzt hatten wir immer Jugoslawinnen, die zu ihm geschaut haben. Wieso nicht einmal einen Mann? Hast du Lust, zu uns zu kommen?»
So wurde Hannes Britschgi nach der Rekrutenschule Au-pair in Del Mar, Südkalifornien. Und als er dem siebenjährigen Paul zum ersten Mal das Frühstück servierte, meinte dieser: «Hannes, I only eat with silver spoon.»
Paul bekam seinen Silberlöffel, und Hannes Britschgi erhielt die Erlaubnis, gelegentlich zu reisen. Er hatte jeweils Ersatz organisiert, aber beim dritten Mal kam eine Frau mit einem Koffer voller Gras. Daraufhin sagte die Gastfamilie: «Hannes, wir lieben dich, du kannst reisen, wie du möchtest, aber bring keinen Ersatz mehr.»
Gefürchteter Interviewer und Erfinder vom heissen Stuhl
Hannes Britschgi studierte Jus bis zum Anwaltspatent, doch dann kam alles anders. Er schlug beim Schweizer Fernsehen seine Zelte auf und wurde schliesslich zum Aushängeschild der «Rundschau», wo er den Auftrag erhielt, ein Live-Interview zu konzipieren.
Nach den Probeaufnahmen hätte jemand von der Redaktion gesagt: «Hannes, wenn du so Interviews machst, dann bist du schnell weg vom Fenster.» Beinahe sei es so gekommen, sagt Britschgi.
Jetzt haben Sie die Gelegenheit, sich vor der Öffentlichkeit zu entschuldigen. Bitte!
Auslöser war das Gespräch mit dem FDP-Präsidenten Franz Steinegger. Britschgi hatte ihn auf den Stuhl gebeten, weil die FDP einen bekannten Antisemiten eingeladen hatte. «Er sass auf dem Stuhl, und meine erste Frage, die keine war, lautete: ‹Franz Steinegger, herzlich willkommen. Jetzt haben Sie die Gelegenheit, sich zu entschuldigen. Bitte!›»
Ein Gespräch mit Konsequenzen – all seine Chefs mussten bei der FDP antraben. Als sie über Britschgi und seinen Kopf sprechen wollten, stand TV-Direktor Peter Schellenberg auf und sagte: «Was? Dann gehe ich jetzt wieder nach Hause, das geht euch nichts an.»
Er sei dann auch gegangen, aber da sei es knapp gewesen, so Britschgi. Bis 2001 ist er geblieben und als er weiterzog, habe ihm Peter Schellenberg zum Abschied gesagt: «Du hast den Journalismus gemacht, den ich wollte.» Worte, die bei Hannes Britschgi bis heute nachhallen.