Was macht ein 72-jähriger Japaner in Altdorf im Kanton Uri? Atsushi Nojima schreibt eine Zeitung für seine Landsleute in der Schweiz. Aber von Anfang an.
Alles begann vor 30 Jahren mit einer jungen Urnerin. Als Atsushi Nojima damals in Aix-en-Provence in Frankreich Geschichte und Französisch studierte, lernte er eine Schweizer Studentin aus dem Kanton Uri kennen. Aus dieser Bekanntschaft wurde bald Liebe. 1985 nahm sie ihn zum ersten Mal mit in die Schweiz.
So begann ihre Fernbeziehung. «Wir pendelten sieben Jahre lang zwischen Frankreich und der Schweiz hin und her, bis wir uns entschieden, nach Japan zu gehen», sagt Nojima. Die beiden wanderten aus, heirateten in Japan und wurden Eltern eines Sohns. In Osaka unterrichtete er Französisch.
Von Osaka nach Altdorf
Als ihr Sohn fast zwei Jahre alt war, wünschte sich Nojimas Frau, wieder in die Schweiz zurückzukehren. «Sie wollte, dass unser Sohn in der Schweiz aufwächst», sagt er. Also zogen sie nach Altdorf im Kanton Uri. Eine Umstellung, die ihm erst nicht leicht fiel. «Ich hatte grosse Mühe, einen Job zu finden», sagt Nojima. Also suchte er nach einer anderen Beschäftigung. Er kam auf die Idee, eine Zeitung zu schreiben für Japanerinnen und Japaner, die wie er ausgewandert waren.
Die erste Ausgabe von «Grüezi» bestand aus vier Seiten. Um mehr Aufmerksamkeit auf seine Zeitung zu ziehen, kontaktierte Nojima verschiedene japanische Vereine in der Schweiz. Mit Erfolg. Heute ist «Grüezi» 16 Seiten dick und erscheint viermal im Jahr. Die Auflage beträgt rund 5000 Exemplare, davon sind 1300 abonniert.
Wie «Grüezi» überlebt
Ein grosser Teil der Zeitungen wird in japanischen Läden, Restaurants oder auch in der japanischen Botschaft in Bern verteilt. Neben den Abonnements lebt die Zeitung von Inseraten. Sonst könnte Nojima «Grüezi» nicht kostendeckend herausgeben.
Atsushi Nojima schreibt über alles, was Japanerinnen und Japaner in der Schweiz interessieren könnte. «Ich beobachte die Aktualität und schreibe über Themen, wie die Beziehung zwischen Japan und der Schweiz», sagt er. Er habe schon Porträts geschrieben, Berichte über kulturelle Anlässe, politische Themen oder auch Buchrezensionen.
Ein Stück Heimat
Mittlerweile schicken ihm seine Leserinnen und Leser sogar Vorschläge: «Für sie ist meine Zeitung wie ein Stück Heimat.» Seine Leserinnen und Leser würden ihm manchmal sagen, dass er der bekannteste Japaner der Schweiz sei. Doch Nojima zeigt sich bescheiden, lacht und fügt hinzu: «Aber eigentlich stimmt das ja nicht.»
Diese Zeitung ist mein Lebenswerk.
Heute ist Atsushi Nojima 71 Jahre alt. Und er denkt noch lange nicht ans Aufhören. «Die Zeitung ist wie mein Kind. Sie ist mein Lebenswerk», sagt er. Solange er körperlich und geistig gesund bleibe, mache er weiter.