120'000 Followerinnen und Follower auf Instagram und über zehn Millionen Streams auf Spotify: Von solchen Zahlen können viele erfahrene Musikerinnen und Musiker höchstens träumen, für Nnavy sind sie Realität. Dabei ist die Lausannerin eine Newcomerin, ihre erste Single «With You» hat keine drei Jahre auf dem Buckel.
Bevor die 24-jährige eigenes Material produzierte, postete sie Covers auf Insta, die auf positives und stetig wachsendes Echo stiessen. «Ich bekomme sehr viel Liebe von den Leuten, ich fühle mich geehrt», sagt sie zu SRF 3. Für den Schritt auf die echte Bühne brauchte es trotzdem einen Schubser – der kam von einem ihrer Brüder: «Er ist Fotograf und sagte mir, dass er in zwei Wochen eine Ausstellung macht. Mit Livemusik von mir. Und so passierte das dann auch.»
Ihre Musik ist «weich wie Honig»
Ein Blick auf die Spotify-Statistiken der Musikerin mit Wurzeln in Burundi zeigt, dass die meisten Streams aus den USA kommen – ihre Lieder laufen auf Playlists, die dort rotieren. Entsprechend fragen sie viele Userinnen und User auf Insta, ob sie nicht mal in den Staaten auf Tour gehen wolle. «Ich hätte Lust darauf», sagt sie, «aber der Gedanke daran stresst mich ein wenig, erst muss die Zeit reif sein dafür.»
Florine Gashaza, wie Nnavy mit richtigem Namen heisst, gibt auch die grosse Konkurrenz in den USA zu bedenken. Dabei braucht sie sich in Sachen Qualität nicht hinter bekannten Acts wie Erykah Badu, The Internet oder Solange zu verstecken. Ihr unwiderstehlicher Mix aus jazzigem Soul und alternativem R&B ist gleichzeitig sinnlich und kuschlig – sie selbst findet ihn «weich wie Honig» – und spielt auf internationalem Niveau.
Es kommt also nicht von ungefähr, dass sie am 3. Juli Soul-Pop-Legende Lionel Richie am Montreux Jazz Festival supporten durfte. Und das war bereits ihr dritter Gig am weltberühmten Festival. Am 28. Juli macht die Lausannerin nun einen grossen Schritt in Richtung Deutschschweiz und spielt an der ersten Ausgabe des Luzern-Live-Festivals.
Erste Schweizerin im Colors-Studio
Ihr Alias Nnavy kommt von der gleichnamigen Farbe, auf Deutsch: Marineblau. «Sie ist düster und kalt, mit viel Tiefe», erklärt die Sängerin, «sie widerspiegelt, wie ich mich beim Musik machen fühle.» Für ihre Songs nehme sie gerne traurige Dinge und kreiere etwas Schönes daraus.
So geschehen auch bei «Come and Get It», das Stück, mit dem sie als erste Schweizerin einen Auftritt bei der renommierten Videoreihe Colors hatte: «Es handelt von einem schwierigen Gespräch, das ich mit mir selbst führen musste. Dass ich als schwarze Frau selbstbewusst sein und mich schön finden darf.»
Plan A: Musik – Plan B: Psychologin
Ihr eigenes Wohlbefinden und das anderer sei ihr wichtig – und damit auch Mental Health. Ihr Wissen darüber eignet sie sich im Psychologie-Studium an der Uni Lausanne an. «Ich finde es wichtig, dass wir über die Psyche reden. Wir haben es wirklich nötig», meint Nnavy.
Sie steht kurz vor dem Master, will sich danach aber erst mal voll in die Musik stürzen. Wenn sie mit ihrem Studium keine akademische oder medizinische Karriere startet, hat sie damit immerhin das nötige Rüstzeug, um mit der zweifellos wachsenden Aufmerksamkeit um sie und ihren Sound umzugehen – sowohl on- als auch offline.
(Vor zwei Jahren spannte Nnavy mit Chelan zusammen, der im April 2022 «SRF 3 Best Talent» wurde.)