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Bei SBB und ÖBB fehlen pro Nacht bis zu 20 Schlafplätze
Aus Espresso vom 24.06.2024. Bild: Keystone
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Frust in Nightjets Nachtzüge von SBB und ÖBB: Pro Nacht fehlen bis zu 20 Betten

Erstmals legt die SBB die Zahlen offen. Pro Nacht heisst es für bis zu 20 Passagiere: sitzen statt liegen.

Worum geht es? Seit mindestens einem Jahr fehlen in den Nachtzügen von SBB und ÖBB jede Nacht Schlaf- oder Liegeplätze. Betroffene Passagiere werden kurzfristig auf einen Sitzplatz «downgegradet» und müssen die ganze Nacht sitzen statt schlafen. Eine SBB-Kundin aus Zürich reiste über Ostern mit dem «Nightjet» nach Berlin. Auf der Rückfahrt waren ihre gebuchten Liegeplätze nicht vorhanden. Ihre drei Begleitpersonen und sie verbrachten zwölf Stunden mit Wildfremden in einem Sechserabteil. Ohne Decke, ohne Kissen und ohne das gebuchte Frühstück.

Sind das Einzelfälle? Nein. Das Zugpersonal sagt der Kundin aus Zürich, das passiere seit einem Jahr Nacht für Nacht – zum Frust der Betroffenen und des Personals. Auf der Bewertungsplattform Tripadvisor verschaffen viele weitere Betroffene ihrem Ärger Luft. Bis jetzt haben SBB und ÖBB nicht verraten, wie viele Downgrades auf Sitzplätze es pro Nacht gibt.

Wie viele Passagiere sind konkret betroffen? Nun ist klar: Von Januar bis März 2024 waren bis zu 50 Personen pro Nacht von Downgrades in Nachtzügen betroffen. Seit April sind es bis zu 20 Personen pro Nacht. Das entspreche zwei Prozent der Reisenden in den Nachtzügen aus der Schweiz ins Ausland und umgekehrt, sagt die SBB im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Begründet werden die Ausfälle mit fehlendem Rollmaterial und Ersatzteilen sowie fehlenden Kapazitäten bei der Reparatur.

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Was fordert Pro Bahn? Die Fahrgast-Organisation Pro Bahn Schweiz kritisiert, dass SBB und ÖBB punkto Kommunikation und Umgang mit den ausgefallenen Wagen viel früher Massnahmen hätten ergreifen können. Sie fordern eine rasche Behebung des Problems. Die heutige Notlösung, pro Nachtzug zwei Abteile als «Reserve» freizuhalten, hat gemäss Pro Bahn auch Schattenseiten: So gäbe es noch weniger verfügbare Schlafplätze – statt des eigentlich geplanten Ausbaus. Dank dynamischer Preise würden Schlaf- und Liegeplätze so auch teurer. Pro Bahn fordert zudem, dass Betroffenen eine Hotelnacht bezahlt wird, statt sie auf Sitzplätze downzugraden.

Was sagt die SBB dazu?

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Die SBB sagt, man habe verschiedene Massnahmen ergriffen. Doch daure es eine gewisse Zeit, bis diese ihre volle Wirkung zeigten: «Dies insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Billette für die Nachtzüge bis zu sechs Monate im Voraus gekauft werden können.» Auf die Forderung von Pro Bahn, Betroffenen eine Hotelnacht anzubieten, geht die SBB nicht ein. Betroffene Passagiere hätten die Möglichkeit, von der Reise zurückzutreten und sich das Billett erstatten zu lassen. Wer sich trotz Downgrade für die Reise entscheide, erhalte 50 bis 100 Prozent des Ticketpreises zurück.

Welche Strecken sind betroffen? Die Nachtzüge von SBB und ÖBB sind bekannt als «Nightjet». Sie bieten Reisen von der Schweiz direkt nach Berlin, Hamburg, Hannover, Wien, Graz oder Amsterdam. Passagiere haben die Wahl zwischen Schlaf-, Liege- oder Sitzwagen. Gemäss SBB war die Linie Zürich – Amsterdam bis jetzt am häufigsten betroffen. Weitere Problemstrecken sind die Nightjets nach Wien und Hamburg. 

Espresso, 24.6.2024, 8:10 Uhr

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