«Die Lage ist super, der Preis ist super. Für fast 90 Quadratmeter bezahle ich 558 Euro», sagt Medientechniker Sascha Zascek. Er wohnt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in einer städtischen Wohnung am rechten Donauufer. «Ich denke nicht darüber nach, hier wegzuziehen.» Der Wiener schätzt, dass sich hier Schichten und Kulturen mischen.
Gemeindebau hat Tradition
Vor 100 Jahren begann Wien mit dem Bau von städtischen Wohnhäusern. Heute gehört jede vierte Wohnung der Stadt. 220'000 an der Zahl – in Wien Gemeindebau genannt. Ein Viertel der zwei Millionen Wienerinnen und Wiener wohnt in diesen Wohnungen, die nicht profitorientiert sind und daher von der Stadt günstig vermietet werden.
Der wohl berühmteste Gemeindebau Wiens ist der Karl-Marx-Hof: mit fast 1400 Wohnungen der längste zusammenhängende Wohnbau der Welt. Die Mietkosten: Unter sieben Euro pro Quadratmeter. Bewerben kann sich, wer unter 3000 Euro im Monat verdient und mindestens zwei Jahre in Wien angemeldet ist. Wartezeit bis zum Einzug: zwei bis drei Jahre.
Stadtführerin und Historikerin Lina Ehrich erklärt die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt: «Auch in Wien explodieren die Mieten. Aber man merkt in Wien schon, dass die Gemeindebauten den Mietpreis im Allgemeinen niedriger halten als zum Beispiel in Städten wie Berlin oder München, die eine relativ ähnliche Baugeschichte haben.»
Wohnpark mit Pool auf dem Dach
Neben 26 Prozent Gemeindebau sind ein Fünftel aller Wohnungen in Wien – also 20 Prozent – Genossenschaftswohnungen. Diese sind die zweite wichtige Mietzins-Bremse in Wien.
Der Wohnpark Alt Erlaa bietet günstigen Wohnraum für rund 9000 Personen. Hier gibt es Hallenbad, Sauna, Tennishalle, Clubräume. Und auf dem Dach mehrere Schwimmbäder. Rentnerin Ursula Gurmann ist des Lobes voll: «Wenn du jung bist und Kinder hast, hast du alles. Schule, Kindergarten – es ist alles da. Und je älter du wirst, umso bequemer ist es hier. Ich möchte nirgendwo anders mehr leben.»
Neue Studie belegt Preisdämpfung
Der Vorteil von Wien: Im Osten der Stadt gibt es grosse Freiflächen, auf denen die Stadt wachsen kann. Hier entsteht die Seestadt Aspern, rings ums Wasser. Stadtplaner Kurt Hofstetter zeigt ein Haus mit neuen städtischen Wohnungen. Er zitiert eine brandneue Studie: «Die Studie zeigt, dass das Ausmass an gemeinnützigen Wohnungen in Wien dazu führt, dass auch der frei finanzierte Wohnungsbau von den Kosten her geringer ist als er wäre, wenn es das nicht gäbe.» Der geförderte Wohnungsbau hat Auswirkungen auf den gesamten Markt.
Kein Wunder wird Wien immer wieder zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt. Die Mieten steigen auch in Wien, aber weniger stark als anderswo. Dank eines hohen Anteils von städtischen Wohnungen und Genossenschafts-Wohnraum.