Flott unterwegs im Wüstensand und in der Stadt: Ein über zwei Tonnen schwerer SUV von Land Rover. Der Werbespot lief Anfang Jahr jeweils zur besten Sendezeit. Das beworbene Auto hat einen hohen CO₂-Ausstoss und bringt den Schweizer Importeur ins Schleudern. Der Emil Frey Gruppe drohen Bussen von mehreren Millionen Franken, weil sie im 2025 die CO₂-Ziele für Neuwagen überschreiten könnte.
Der grösste Autohändler Europas will nun diese drohenden Sanktionen abschwächen. Deshalb schrieb CEO Gerhard Schürmann Anfang Jahr einen Brief an den zuständigen Bundesrat Albert Rösti. In der gleichen Zeit kontaktierten zwölf weitere Autoimporteure den Verkehrsminister. Zum konkreten Inhalt sagen sie nichts und verweisen an den Branchenverband Auto-Schweiz.
Sanktionen von bis zu 500 Millionen Franken
Auto-Schweiz wehrt sich gegen drohende Sanktionszahlungen (siehe Interview mit Peter Grünenfelder, Präsident Auto-Schweiz am Ende des Artikels). Diese werden Ende Jahr fällig, wenn die Neuwagenflotte den CO₂-Zielwert nicht erreicht. Seit Anfang Jahr gilt ein neuer Wert von 93,6 g/km. Verkauft die Branche nochmals ähnliche Fahrzeuge wie im letzten Jahr, drohen Ende Jahr Sanktionen in Millionenhöhe. Auto-Schweiz rechnet mit Strafzahlungen von bis zu 500 Millionen Franken.
Das habe erhebliche Auswirkungen auf die Branche, sagt FDP-Parteipräsident Thierry Burkart. Vor fünf Jahren befürwortete der Aargauer Ständerat im «Kassensturz» noch das geplante Sanktionsprozedere. Heute sagt er, wie auch der Verband Auto-Schweiz: Die Zielwerte seien nicht realistisch: «Man ist vor mehreren Jahren davon ausgegangen, dass viel mehr Elektroautos verkauft werden.» Deshalb sollen die vereinbarten Ziele jetzt angepasst werden.
Strassenverkehr verursacht ein Drittel des CO₂-Ausstosses
Dass die Regeln während des Spiels geändert werden sollen, stösst Aline Trede sauer auf. Die grüne Nationalrätin sitzt in der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) und ist langjährige Expertin für nachhaltige Mobilität. Sie hat kein Verständnis für die Forderungen der Autobranche: «Wir hatten uns geeinigt, werden die Ziele nicht erreicht, werden Sanktionen fällig.»
Ein Drittel des Schweizer CO₂-Ausstosses verursacht der Strassenverkehr. Um diesen Ausstoss zu reduzieren, einigte sich die Politik vor Jahren auf Zielwerte bei Neuwagen. An diesen Zielwerten schrammen die Autoimporteure nun vorbei, weil sie Autos mit einem zu hohen CO₂-Ausstoss und zu wenig Elektroautos verkaufen.
Was bremst das Elektroauto?
Aktuell fährt nur jeder fünfte Neuwagen mit Strom. Helmut Ruhl, CEO von Amag, nennt gegenüber «Kassensturz» mehrere Gründe für die Kaufzurückhaltung: «Erstens sind es die Anschaffungskosten, zweitens die Reichweite und drittens die Lademöglichkeiten. Speziell bei der Reichweite sind wir besser geworden, mit aktuell deutlich über 500 km Reichweite.» In der Regel sind Elektroautos deutlich teurer als das Pendant mit Verbrennermotor.
Aktuell gibt es auch Modelle, bei denen die Elektrovariante gar günstiger ist als «fossile» Alternative. Mobilitätsexperte Peter de Haan und sein Team haben berechnet, wie viel ein Elektroauto über die ganze Lebensdauer kostet. Das Resultat sei eindeutig: «Rechnet man Kaufpreis, Wartung und die Kosten für die Energie zusammen, sind Elektroautos bereits heute günstiger als herkömmliche Autos.»