Das Wichtigste in Kürze
- 22 von 25 kantonale Waldbeauftragte geben an, im letzten Jahr mit Ausnahmebewilligungen Insektizide auf ungeschältes, geschlagenes Holz gespritzt zu haben. Dies, um den Borkenkäfer fernzuhalten.
- Die Organisation Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz ist alarmiert: «Wenn die Ausnahme zur Regel wird, ist das sehr bedenklich.» Auch FSC-zertifiziertes Holz ist betroffen.
- Die Umweltorganisation fordert deshalb ein komplettes Verbot von Insektiziden im Wald.
Im Wald flanieren, mit Kindern auf den Holzbeigen balancieren oder gerade jetzt im Frühling dem Duft des Bärlauchs folgen und die Blätter pflücken. Die aktuellen Informationen aus dem Schweizer Wald trüben allerdings die idyllischen Bilder. Weil im Schweizer Wald viel geschlagenes Holz lagert und der Borkenkäfer letzten Sommer beste Bedingungen hatte, griffen die Förster in 22 Kantonen zu Insektiziden, welche sie auf geschlagene Hölzer sprühten.
Die Insektizide stehen im Verdacht, hormonaktiv und krebserregend zu sein.
Ein Verbot mit Ausnahmen
Im Schweizer Waldgesetz steht es deutlich geschrieben: «Im Wald dürfen keine umweltgefährdenden Stoffe verwendet werden.» Es steht aber auch, dass es Ausnahmen geben kann. Und von solchen Ausnahmebewilligungen haben im letzten Jahr fast alle Kantone Gebrauch gemacht. Sie spritzten nach Angaben der Umweltschutzorganisation die giftigen Insektenmittel der Cypermethrine. Martin Forter ist Geschäftsführer der Ärzte für Umweltschutz: «Diese Insektizide sind starke Fisch- und Bienengifte, sie stellen eine Gefahr für die Umwelt dar. Sie stehen im Verdacht, hormonaktiv und krebserregend zu sein.» Cypermethrine sind allerdings vom Bund zugelassen. Einzelne Kantone hätten aber auch angegeben, andere Insektizide zu benützen, welche offiziell verboten seien.
Auch FSC-Holz betroffen
Mehr als die Hälfte der Schweizer Waldfläche ist mit dem Label FSC zertifiziert. FSC steht für nachhaltig und umweltgerecht. Und eigentlich ist der Einsatz von Pestiziden verboten. Danke einer Ausnahmebewilligung für fünf Jahre aber sei es den Waldbewirtschaftern möglich gewesen, Insektizide gegen den Borkenkäfer einzusetzen.
«Ich finde das auch schwierig», sagt Hubertus Schmidtke, Geschäftsführer von FSC Schweiz. «Es gibt für die Schweiz eine Ausnahmeregelung, aufgrund der engen Verhältnisse und der Forstwirtschaft, welche es nicht fertigbringt, das Holz rechtzeitig aus dem Wald zu bringen.» Weil der Wald als Holzlager herhalten muss, komme es nämlich erst dazu, dass der Borkenkäfer auf das geschlagene Holz übergreifen kann. Schmidtke ergänzt gegenüber «Espresso»: «Die Ausnahmebewilligung läuft im August aus. Es ist nicht wahrscheinlich, dass sie noch einmal erteilt wird.»
Ein Kanton macht’s vor: Glarus braucht keine Insektizide
Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz halten in ihrem Bericht fest, dass es einem einzigen Kanton gelingt, seit fünf Jahren das Holz rechtzeitig aus dem Wald zu bringen. Der Kanton Glarus habe deshalb in den letzten fünf Jahren keine Pestizide einsetzen müssen. Martin Forter von Ärzte für Umweltschutz betont: «Das zeigt: Wenn man will, dann geht es auch ohne Gift.» Sogar letztes Jahr sei es gelungen, trotz Sturm Burglinde im Januar und einem heissen Sommer, welcher ideal ist für den Borkenkäfer. Die Umweltorganisation fordere deshalb ein komplettes Verbot von Insektiziden im Wald.