Für die Bewohnerinnen und Bewohner einer Liegenschaft in der Stadt Zürich war es ein Schock: Im September 2024bekommen sie von der Verwaltung die Kündigung. Grund: Das Areal soll neu überbaut werden. Nach den geltenden Fristen müssten alle Mieterinnen und Mieter ihr Zuhause bis Ende März 2025 verlassen.
Ein guter Deal?
Doch die Vermieterin bietet den Betroffenen eine Verlängerung der Kündigungsfrist bis Ende September 2026 an. Dafür müssen die Betroffenen aber darauf verzichten, den Fall vor die Mietschlichtungsbehörde zu ziehen. Ist dieses Entgegenkommen ein guter Deal? Die betroffenen Mieterinnen und Mieter sind unsicher.
Die Beratungsstellen des Mieterverbandes kennen unzählige solcher Beispiele. Vor geplanten Umbauten kündigen Verwaltungen häufig mit einer deutlich längeren Vorlaufzeit als mit den gesetzlichen Kündigungsfristen. Das tönt im ersten Moment mieterinnenfreundlich. Ob das so ist, hängt aber vom Einzelfall ab.
Erstreckung hängt vom Einzelfall ab
Bekommen Mieterinnen und Mieter die Kündigung, können sie diese vor der Mietschlichtungsbehörde oder dem Mietgericht anfechten und eine Erstreckung der Mietdauer verlangen. Laut Gesetz ist bei Wohnungen eine Erstreckung von maximal vier Jahren möglich. Anspruch auf eine Erstreckung haben sogenannte «Härtefälle». Menschen beispielsweise, die in bescheidenen finanziellen Verhältnissen leben und deshalb Mühe haben, eine andere Wohnung zu finden, Familien mit schulpflichtigen Kindern oder Personen, die sehr lange in einer Wohnung gelebt haben und im Quartier stark verwurzelt sind.
Gerichte reizen den gesetzlichen Rahmen kaum aus
Wie lange die Mietdauer erstreckt wird, hängt von den konkreten Umständen ab. Doch die aus Vertretungen des Mieterverbandes und der Vermieterorganisationen zusammengesetzten Schlichtungsbehörden reizen den gesetzlichen Rahmen kaum aus. So bekam eine 87-jährige Mieterin vor Mietgericht gerade einmal zwei Jahre Erstreckung – nach einer Mietdauer von 28 Jahren.
Ob die Mietenden aus Zürich gute Chancen auf eine Erstreckung hätten, die über das Angebot der Verwaltung hinausgeht, ist schwierig zu sagen. Wer von einer Kündigung betroffen ist, sollte sich unbedingt so rasch als möglich rechtlich beraten lassen. Denn: Wer Erstreckung verlangen will, muss die Kündigung bei der Schlichtungsbehörde innerhalb von 30 Tagen anfechten. Und: Auch wer die Kündigung anfechten will, sollte unverzüglich mit der Wohnungssuche beginnen und seine Suchbemühungen notieren. Denn nur so lässt sich in einem Verfahren beweisen, dass die Suche nach einer neuen Bleibe besonders schwierig ist.