Gartencenter im Test - Viele Verkäufer haben von Botanik wenig Ahnung
«Kassensturz» testet acht grosse Schweizer Gartencenter – vom Detailhandel bis zu den Grossgärtnereien. Ernüchterndes Fazit: Viele Verkäufer haben von Botanik wenig Ahnung. Zwei Gartencenter empfehlen gar invasive Neophyten.
Einheimische Pflanzen sind die Lebensgrundlage vieler Tierarten. Aber: Zu sauber gemähte und gepützelte Gärten nehmen Fauna und Flora den notwendigen Lebensraum, sagt Umweltwissenschaftler Daniel Ballmer.
Er kennt sich mit Gartenpflanzen aus: «Im Mittelland sind viele Insekten und insektenfressende Vögel drastisch zurückgegangen oder sogar ganz verschwunden. Der Grund dafür ist die Intensivierung der Landwirtschaft, aber auch, dass in unseren Gärten die falschen Pflanzen stehen, die unseren Tierarten keinen Lebensraum und Nahrung mehr bieten.»
Mystery-Shopper kauft verdeckt ein
Im Auftrag von «Kassensturz» besucht Daniel Ballmer verdeckt acht grosse Schweizer Gartencenter. Wie gut wird er beim Kauf von Blumen und Sträuchern beraten? Der «Kassensturz»-Mystery-Shopper geht dabei immer gleich vor: Zuerst gibt er sich unwissend, dann stellt er gezielt Fragen zu einheimischen und insektenfreundlichen Pflanzen und schliesslich explizit zu Blumen und Sträuchern, welche Schmetterlingen Nahrung geben und für Schmetterlingsraupen geeignet sind.
Die Empfehlungen aus den acht Gartencenternbespricht und bewertet der Mystery-Shopper mit zwei weiteren Experten: In der Jury sind neben Daniel Ballmer auch Theres Székely, Agronomin und Vorstandsmitglied im Schweizer Familiengärtner-Verband, sowie Stefan Eggenberg, Direktor von Infoflora, der nationalen Stiftung zur Förderung der Wildpflanzen in der Schweiz.
Die Einkäufe des Mystery-Shoppers:
Landi und Obi fallen durch
Schlechte Noten im Test erhält Landi: Note 2,2. «Landi hat uns einen invasiven Neophyten empfohlen und diesen nicht mal als solchen deklariert, das geht gar nicht», betont Stefan Eggenberg, Direktor von Infoflora. Denn Sommerflieder befindet sich auf der nationalen Liste der invasiven Neophyten und müsste als solcher gekennzeichnet sein. Doch beim Sommerflieder von Landi fehlt ein solcher Warnhinweis.
Stellungnahmen
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«Kassensturz» hat die Gartencenter im Test mit den Bewertungen aus der Stichprobe zur Beratungsqualität konfrontiert. Die Gartencenter nehmen wie folgt Stellung:
Landi: «Das Ergebnis des Testes überrascht uns sehr. Bei mehreren durchgeführten repräsentativen Umfragen schneidet die Landi gerade in der Zufriedenheit der Kunden bei der Beratung (Freundlichkeit und Kompetenz) jeweils überdurchschnittlich gut ab. Die Ergebnisse Ihrer Stichprobe prüfen wir und werden wo nötig entsprechende Massnahmen ergreifen.»
Obi: «Bedauerlich, dass wir bei diesem Test so schlecht wegkommen. Dies, da eigentlich für die erfragten Bedürfnisse genügend Produkte zur Auswahl gestanden hätten. Wir werden die Gelegenheit nutzen, um weiter in die Ausbildung unseres Personals zu investieren und danken Ihnen für die Testergebnisse.»
Jumbo: «Das Ergebnis der Stichprobe Ihres Mystery-Shoppers in der Filiale Emmenbrücke nehmen wir uns natürlich sehr zu Herzen. Unsere Mitarbeitenden werden grundsätzlich regelmässig und fachspezifisch geschult. Gleichzeitig zeigt uns das Ergebnis jedoch, dass eine weitere und spezifischere Schulung in den Filialen notwendig ist. Aufgrund des Prüfresultates werden wir diese demnächst in die Wege leiten. Wir möchten die Filialmitarbeitenden vermehrt auf dieses Thema sensibilisieren und uns selbstverständlich auch verbessern.»
Coop: «Wir freuen uns über die Bestnote beim Umgang mit Kunden. Wir nehmen Ihren Test aber gerne zum Anlass, unsere Verkaufsunterlagen und Schulungen zu den spezifischen Themen zu optimieren. Coop Bau+Hobby verkauft zwei Drittel der Outdoor-Pflanzen aus Schweizer Anbau. Mit einem grossen Anteil an Pflanzen unter Naturaplan, Oecoplan oder Pro Specia Rara sind wir führend unter den Baumärkten in der Nachhaltigkeit. Besonders insekten-, schmetterlings-, vögel- und bienenfreundliche Pflanzen werden entsprechend gekennzeichnet, z.B. mit dem Siegel Birdlife, in diesem Bereich bauen wir auch stetig die Sortimente weiter aus.»
Migros: «Seit letztem Jahr arbeiten wir daran, ein Sortiment einheimischer Pflanzen im Bereich Stauden und Gehölze aufzubauen. Hier gilt der Grundsatz, dass die Pflanzen auch in der Schweiz gezüchtet wurden und nicht aus dem Import stammen. Diese werden dementsprechend etikettiert. Für das Filialpersonal haben wir neu eigens eine E-Learning-Plattform aufgebaut, um das Wissen gezielt zu erweitern.»
Invasive Pflanzen empfiehlt im Test auch Obi: Deshalb Note 2,4. Immerhin trägt der empfohlene Kirschlorbeer einen Warnhinweis, der Verkäufer hat die Gefahr gegenüber dem Mystery-Shopper aber arg verharmlost. Und: «Auch der zweite empfohlene Strauch, eine portugiesische Lorbeerkirsche, ist uns mit dem Warnhinweis ‹invasiver Neophyt› verkauft worden. Dieser Strauch ist aber gar nicht invasiv», schmunzelt Daniel Ballmer.
Bekämpfung von invasiven Pflanzen wird untergraben
Um einiges besser beurteilt die Jury die Beratung der Grossgärtnereien: Das Gartencenter Wyss kommt auf Note 5,1: «Kassensturz» erhält hier ausschliesslich einheimische Pflanzen, auch für Schmetterlinge ist etwas dabei. Nur machte der Verkäufer einen unmotivierten Eindruck.
Noch besser die Beratung im Gartencenter Schwitter: Note 5,3. Motivierte Beratung, gute Pflanzenempfehlung. Schwitter teilt sich das Siegerpodest mit der Grossgärtnerei Zulauf: Auch hier legt uns die Verkäuferin einheimische und auch für Schmetterlingsraupen attraktive Blumen und Sträucher in den Einkaufskorb.
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