Karl Egloff kennt Grenzen – und überschreitet sie regelmässig. Der schweizerisch-ecuadorianische Extrembergsteiger hält Rekorde auf den höchsten Gipfeln der Welt. Doch was seiner Familie im Dezember 2022 in Ecuador widerfährt, verändert alles. In ihren Ferien werden sie von rund 30 maskierte Männer überfallen. Der brutale Überfall führt schliesslich zu einer Entscheidung mit grosser Tragweite: der Rückkehr in die Schweiz.
Im Dezember 2022 stürmen rund 30 bewaffnete Männer die Feriensiedlung, in der Familie Egloff-Valasco ihre Ferien verbringt. Karl erinnert sich: Er habe noch zu Adriana gesagt: «Sie kommen», dann seien Schüsse gefallen, Scheiben zersprungen. Seine Tochter Martina, damals eineinhalb Jahre alt, wird von Glassplittern getroffen. Die Familie wirft sich zu Boden. Adriana schützt die Kinder mit ihrem Körper.
Karl wird entführt, gefesselt, geknebelt. «Ich konnte nicht mal richtig atmen», sagt er später. Die Männer wollen Geld, doch Karl hat weder Bargeld noch Karten bei sich. Irgendwann gelingt ihm die Flucht – mit zitternden Händen und der Angst, auf dem Weg zurück erschossen zu werden.
Leben in Angst
Nach dem Überfall lebt die Familie in ständiger Alarmbereitschaft. Die Kinder dürfen nicht mehr allein nach draussen. Spaziergänge mit den Hunden finden nur noch in bewachten Parks statt. Der Schulbus wird per GPS getrackt. «Ein Kind kann entführt werden, plötzlich verschwinden oder ausgeraubt werden. Das geschieht an unserem Wohnort immer wieder», sagt Karl.
Der 8-jährige Julian schläft bis heute jede Nacht im Elternbett. Er sei zwei Jahre später immer noch traumatisiert, habe Schlafstörungen, ziehe sich zurück. Adriana sagt, es sei schwierig, das Erlebte zu verarbeiten. Doch sie bemühen sich, Julian auch die schönen Seiten Ecuadors zu zeigen – das Land sei nicht nur schlecht, betont sie.
Die Rückkehr in die Schweiz
Für Karl ist klar: Die Familie muss weg. «Die Entscheidung fiel ziemlich schnell, weil wir das Glück hatten, lebendig aus dieser Situation herauszukommen und weil es als Vater meine Verantwortung ist, etwas zu tun.» Karls Vater, der in Ecuador wohnt, wird seine Familie vermissen – er selber könne sich den Rückzug in die Schweiz finanziell nicht leisten.
Sohn Julian zeigt gemischte Gefühle – er verlässt seine Freunde, seine Grosseltern. «Ich bin hier in Ecuador geboren und ich lebe hier schon seit acht Jahren – das Verlassen von Ecuador ist für mich ganz schwer», sagt er. Gleichzeitig blickt er dem neuen Leben mit Hoffnung entgegen: «Ich bin aber glücklich, in die Schweiz zu gehen, weil es dort keine Räuber gibt – weil die mich schon einmal beklaut haben, hier in Ecuador.»
Das Everest-Projekt
Im Mai 2025 steht für Karl Egloff der wohl grösste Meilenstein seiner Karriere bevor: der Versuch, den Geschwindigkeitsrekord am Mount Everest zu brechen – ohne zusätzlichen Sauerstoff.
Ein zusätzlicher Spannungsfaktor ist die gleichzeitige Herausforderung durch den US-Amerikaner Tyler Andrews (35), der ebenfalls einen Speed-Rekord am Everest anstrebt.
Egloff selbst bleibt gefasst. Er betont, dass ihm mit 44 Jahren und nach allem, was mit seiner Familie passiert sei, klar geworden ist, worauf es wirklich ankomme: «Mir ist bewusst, dass der wahre Erfolg ist, nach Hause zu kommen und nichts zu riskieren – nichts Unnötiges riskieren.» Seiner Familie habe er versprochen, dass er gesund zurückkomme – das stehe über allem.