Nach über 800 Tagen ist der Doping-Fall um den Schweizer Mountainbiker Mathias Flückiger abgeschlossen. «Nachdem Swiss Sports Integrity SSI auf einen Weiterzug an den Internationalen Sportgerichtshof TAS verzichtet hatte, liessen auch der Radweltverband UCI und die Welt-Antidoping-Agentur Wada die Fristen für einen Gang an den TAS verstreichen», teilte Flückigers Management mit.
«Unglaublich grosse Belastung»
Damit ist für Flückiger der Vorwurf, Anti-Doping-Bestimmungen verletzt zu haben, definitiv vom Tisch. «Die Belastung in den letzten zwei Jahren war unglaublich gross», liess der 36-jährige Berner ausrichten. Es habe sich um den «mit Abstand schwersten und längsten Wettkampf in meiner Karriere» gehandelt. Familie, Freundin und «ein unglaublich gutes Team» hätten es möglich gemacht, «dass am Ende die Wahrheit siegte».
Die Disziplinarkommission des Schweizer Sports hatte im Mai 2024 entschieden, dass der Mountainbiker freizusprechen sei. Die am 5. Juni 2022 vorgenommene Probe, in der Flückiger positiv auf die verbotene Substanz Zeranol getestet wurde, sei nicht verwertbar.
SSI weiterhin kritisch
Die Schweizer Anti-Doping-Behörde Swiss Sports Integrity wiederholte gegenüber SRF «dezidiert» ihre Einschätzung vom August , wonach sie die Probe weiter für verwertbar halte. Man habe auf den Rekurs aufgrund einer Güterabwägung verzichtet.
SSI-Direktor Ernst König schrieb, der Fall Flückiger sei in mehrfacher Hinsicht aussergewöhnlich gewesen, einerseits wegen der tiefen Konzentration der gefundenen Substanz, andererseits aufgrund der Tatsache, dass es nur sehr wenige wissenschaftliche Studien zu Zeranol gebe. Weltweit seien nur wenige Zeranol-Dopingfälle bekannt. Von UCI und Wada lag zunächst keine Stellungnahme vor.
Swiss Cycling erfreut
Swiss Cycling teilte mit, man freue sich für Flückiger, der nun «wieder ohne Damoklesschwert über dem Kopf Wettkämpfe bestreiten kann». Gleichzeitig forderte der Schweizer Verband, dass Verfahren in Zukunft «verhältnismässig und generell so ausgestaltet sind, dass die persönliche Integrität der Betroffenen jederzeit gewährt ist». Das sei bei Flückiger nicht der Fall gewesen.
«Ein Verfahren, wie wir es in den letzten zwei Jahren erlebt haben, schadet nicht nur der Glaubwürdigkeit des Antidopingkampfs, sondern birgt auch die Gefahr, Karrieren oder gar Existenzen von unschuldigen Betroffenen zu zerstören – in psychischer, aber auch in materieller Hinsicht», schrieb Swiss Cycling.
Aufarbeitung im Gang
Flückiger warf in seiner Stellungnahme SSI und Swiss Cycling erneut vor, sich weder «reuig, einsichtig noch eines Fehlers bewusst» zu zeigen. Umso mehr freue es ihn, dass sich der Exekutivrat von Swiss Olympic der Thematik angenommen habe und nun bemüht sei, den Fall aufzurollen. Das System habe ein seinem Fall «massiv versagt, und zwar mehrfach». Es müsse sichergestellt werden, «dass es nie mehr einen solchen Fall im Schweizer Sport gibt».
SSI-Direktor König meinte dazu, man sei stets bestrebt, Erkenntnisse aus einzelnen Verfahren zu ziehen, um Prozesse und Abläufe zu optimieren. Dies sei auch im Fall Flückiger geschehen. Zudem seien einzelne Massnahmen bereits organisationsübergreifend ergriffen und umgesetzt worden. Als Beispiel nannte König die zunehmende Professionalisierung der Gerichtsbarkeit durch die Gründung des Schweizer Sportgerichts.
SSI räumte ein, dass Dopingverfahren für die Betroffenen insbesondere bei langer Dauer sehr belastend sein könnten. Man sei indes «stets bestrebt, die Verfahrensdauer so kurz wie möglich zu halten», schrieb König. Wenn nötig, treibe man die verfahrensleitenden Stellen auch entsprechend an.
Zahlung an Flückiger
Im Urteil der Disziplinarkammer von Swiss Olympic war Swiss Sports Integrity zur Zahlung der Verfahrenskosten von 3000 Franken und zu einer Parteientschädigung von über 43'000 Franken an Flückiger verpflichtet worden. Diese sei nun rechtskräftig, hielt SSI fest.