Google, Facebook & Co. finanzieren sich durch Werbung. Mit Werbung, wie sie im vordigitalen Zeitalter betrieben wurde, hat das nichts mehr zu tun. Wer früher Inserate schalten wollte, trat persönlich in Kontakt mit Werbe-Plattformen. Heute gibt es so einen direkten Kontakt nicht mehr.
Wo vorher Teams aus Fleisch und Blut am Werk waren, agieren nun von Daten und Algorithmen gesteuerte Systeme. Dieser digital gesteuerte Kauf und Verkauf von Werbung bringt unschöne Nebeneffekte.
Weltmarken auf Terrorseiten
Weil Werbetreibende vom Ort abgetrennt sind, wo ihre Inserate erscheinen, landen Anzeigen renommierter Marken teils ohne deren Wissen auf Seiten, die Terror, Hass oder Desinformation verbreiten.
Grosse Firmen fördern Desinformation – wie konnte das passieren? Angestossen wurde diese Entwicklung eher zufällig.
Notlösung wird zum Goldesel
Google hat auf datenbasierte Werbung gesetzt, weil es unmöglich war, mit allen, die auf Google werben wollten, persönlich zu sprechen. Das aus der Not geborene System war aber so effizient, dass es sich als wahre Goldgrube erwies.
Dank Googles Zugriff auf User-Daten werden Inserate präziser als je zuvor der passenden Zielgruppen angezeigt. Heute werden auf dem digitalen Werbemarkt jährlich Milliarden von Dollars umgesetzt.
Nur halbbatzige Massnahmen
Facebook und andere Tech-Giganten kopierten Googles Vorgehen. Und weil es um viel Geld geht, treten sie Missbrauch nur halbherzig entgegen. Ihre Tools zur Inhaltsmoderation schneiden bei Tests oft kläglich ab.
Ein neuer Typ «Werbe-Profi»
Das neue Geschäftsmodell ermöglichte es auch Laien, mit Werbung das grosse Geld zu verdienen. Für hohe Werbeeinnahmen genügte plötzlich eine Website mit vielen Usern und möglichst hoher Verweildauer.
Besonders gut funktioniert das leider nicht mit hochwertigem Inhalt, sondern mit Empörung, Hass und Desinformation. Diese binden die Nutzerschaft, weil sie hyperemotionale Zustände hervorrufen
Grosszügig oder hinterlistig?
Weil Traffic auf der eigenen Seite lukrativ ist, ruft es Skepsis hervor, dass Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in Ländern wie den Philippinen, Indonesien und Brasilien mit Mobilfunkanbietern Partnerschaften eingegangen ist, um Daten zum Nulltarif anzubieten.
Das tönt revolutionär, hat aber ein Haken. Gratis ist nur Facebook. Was User:innen in diesen Ländern für kostenloses Internet halten, ist nur Social Media – unmoderiert und voller Desinformation.
Spottpreise erleichtern Betrug
Tausende von Unternehmen handeln mit Userdaten. Datenmakler sind eine globale Industrie. Und ihre Ware ist billig. Nur ein paar Cents kosten die Daten einer Person.
Weil digitale Werbung äusserst billig ist, funktionieren auch Maschen wie gefakte Anzeigen mit Promis, die riesige Gewinne dank Bitcoin vorgaukeln. Wenn man eine Million Menschen anspricht, wird es immer ein paar geben, die darauf hereinfallen.
Was ist gegen die Gefahren des Online-Werbegeschäfts zu tun? Eine auf dieses Thema spezialisierte Journalistin sagt: «Man ist nicht machtlos. Werbetreibende wollen Usern gefallen. Wenn User ihnen rückmelden, dass genau das Gegenteil davon passiert, ist für Werbetreibende die Behebung dieses Problems von absoluter Priorität. So wird Veränderung bewirkt.»