Google, Amazon und Co. drängen auf den Gesundheitsmarkt. Die Menschen sollen sich «ihre Gesundheit von den Institutionen zurückholen und selbst darum kümmern», so Apple-Chef Tim Cook. Ärzte? Sind in diesem System überflüssig.
In den USA gehen die Internetriesen längst Partnerschaften mit Krankenversicherungen ein. Ihre Botschaft lautet: Gesundheit ist alles. Folglich sollen Kunden mit Gesundheits-Apps permanent ihre Körperfunktionen kontrollieren. Die Gesundheitsdaten werden geteilt mit den Krankenversicherungen. Diese können ihre gesündesten Klienten mit Billigprämien belohnen – oder jene sanktionieren, die unverändert ungesund leben.
Patientinnen und Patienten schätzen einen virtuellen Austausch, bevorzugen jedoch den physischen Kontakt mit Ärztinnen und Ärzten.
Auch im Bereich der Telemedizin machen sich die Tech-Giganten stark. Virtuelle Arztbesuche via Computer, Smartphone oder Tablet, hier wird viel Geld investiert. Amazon lancierte 2019 mit seiner «Care»-App eine virtuelle Klinik mit Beratungsfunktion. Der Erfolg war mässig: Ende 2022 wurde das Experiment eingestellt. Dr. Alexander Zimmer vom Zentralvorstand der Schweizer Ärztinnen und Ärzte erklärt dazu: «Patientinnen und Patienten schätzen einen virtuellen Austausch, bevorzugen jedoch den physischen Kontakt mit Ärztinnen und Ärzten.»
2023 ging der Onlinehändler Amazon einen Schritt weiter und kaufte mit One Medical den Betreiber von 182 amerikanischen Hausarzt-Filialen. Für den Digitalentrepreneur Thomas Clozel ist diese Übernahme naheliegend, denn «Amazon will der grösste Anbieter werden – auch für medizinische Produkte.»
Werden Google und Co. also zu Konkurrenten der Pharmaindustrie? Das Potenzial haben sie: Dank der Informationen, die sie in Suchmaschinen oder Fitnessuhren über uns generieren, entsteht ein unermesslicher Schatz am Gesundheitsdaten. Eine Fundgrube für medizinische Studien.
Von Konkurrenz will Digitalstratege Silvio Frey dennoch nicht sprechen. So könne man auf den Webseiten von beispielsweise Microsoft oder Apple nachlesen, dass es schon längst Bündnisse zwischen Big Tech und der Pharmaindustrie gebe. Und es zeige sich schon jetzt, dass sich einige dieser Allianzen zu dominanten Playern im globalen Gesundheitsmarkt entwickeln.
Aber noch würden Google und Co. ja keine Medikamente produzieren. Es sei denn, so Silvio Frey, «sie kaufen sich ganz einfach einen Hersteller.»