Frauenkrankheit - Endometriose erkennen: Hoffnung auf eine schnellere Diagnose?
Etwa jede zehnte menstruierende Frau in der Schweiz leidet an Endometriose – oft, ohne es zu wissen. Einfache Tests sollen die Diagnose erleichtern. Sind diese verlässlich?
Starke Bauchschmerzen, ungewollte Kinderlosigkeit oder keinerlei Beschwerden: Endometriose kann sich auf viele Arten äussern und betrifft in der Schweiz rund 280’000 Frauen und Mädchen, die ihre Periode haben. Doch von den ersten Symptomen bis zur Diagnose vergehen im Schnitt sechs bis neun Jahre. Neue Speichel- und Bluttests versprechen, das zu ändern.
Was ist Endometriose?
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Endometriose ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, bei der gebärmutterähnliches Gewebe ausserhalb der Gebärmutter wächst. Diese sogenannten Endometriose-Herde können sich an verschiedenen Stellen im Körper ansiedeln – etwa im Bauchfell, an den Eierstöcken, in der Blase oder auf dem Darm. In seltenen Fällen wurden sie gar in der Lunge oder im Gehirn gefunden. Je nach Lokalisation und Eindringtiefe der Herde wird von unterschiedlichen Subtypen gesprochen.
Die Herde folgen dem monatlichen Zyklus: Sie können während der Menstruation «bluten», Schmerzen verursachen und weiterwachsen. Das Problem: Das Blut kann nicht wie bei der normalen Menstruation abfliessen. «Das kann zu Verwachsungen, Narbengewebe und Entzündungen führen, die die Schmerzen noch verstärken oder Unfruchtbarkeit begünstigen», erklärt Patrick Imesch, Gynäkologe in der Klinik Bethanien Zürich.
Da die Krankheit hormonabhängig ist, treten die Symptome in der Regel nur während der fruchtbaren Lebensphase auf und verschwinden häufig mit den Wechseljahren.
Denn: Diese lange Wartezeit könne gravierende Folgen haben, erklärt Patrick Imesch, Gynäkologe in der Klinik Bethanien Zürich. Chronische Schmerzen verändern die Schmerzwahrnehmung im Nervensystem: «Die Schmerzschwellen sinken und Betroffene nehmen Schmerzen intensiver wahr.» Teils kommen Depressionen und Angststörungen hinzu. «Das kann in einen regelrechten Abwärtsstrudel führen – eine frühzeitige Diagnose wäre deshalb enorm wichtig.»
Endometriose ist vielfältig
Am Anfang der Diagnose steht ein Gespräch. Doch genau hier wird es knifflig. «Es gibt Frauen mit minimaler Endometriose, die unter extremen Menstruationsschmerzen leiden, und andere mit ausgeprägter Endometriose, die nichts davon merken», sagt Tanja Fehm, Direktorin der Frauenklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf.
Rätselhafte Entstehung
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Warum Endometriose entsteht, ist noch nicht vollständig geklärt. «Es gibt einen ganzen Blumenstrauss an Theorien», sagt Tanja Fehm. Eine mögliche Ursache ist die sogenannte retrograde Menstruation: Dabei gelangt Menstruationsblut aufgrund einer Fehlfunktion der Eileiter in den Bauchraum, verteilt sich dort und kann anwachsen.
Auch das Immunsystem scheint beteiligt zu sein. Forschende vermuten, dass eine gestörte Immunantwort verhindert, dass der Körper das fehlplatzierte Gewebe abbaut. Zudem deutet vieles auf eine genetische Komponente hin. Auch werden Umweltfaktoren verantwortlich gemacht.
Bildgebende Verfahren wie der Ultraschall können weitere Hinweise liefern. Doch: «Anatomische Veränderungen sind teils erst nach längerer Endometriose-Erkrankung oder gar nicht sichtbar», erklärt Fehm. Besonders bei jungen Betroffenen könne es passieren, dass im Ultraschall nichts zu sehen ist.
Absolute Gewissheit bringt derzeit nur eine Bauchspiegelung – ein operativer Eingriff unter Vollnarkose. «Wir sehen bereits heute, dass die Zahl der Bauchspiegelungen abnimmt», sagt Fehm. «Das liegt daran, dass wir Endometriose immer besser erkennen können – und die neuen Tests können dabei eine wertvolle Ergänzung sein.»
Die Forschung an diesen nicht-invasiven Tests gewinnt aktuell an Dynamik. Verschiedene Verfahren – darunter Blut-, Speichel-, Urin- und Stuhltests – werden untersucht und teils bereits angewendet. Etwa der Speicheltest namens «Endotest» in der Schweiz, der fast 800 Franken kostet. Der Bluttest «PromarkerEndo» soll im Frühling in Australien auf den Markt kommen.
Ansätze der neuen Tests
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Der Speicheltest: Einer der bekanntesten Tests ist der Speicheltest «Endotest», der auf einer Genexpressionsanalyse basiert. Dabei werden sogenannte microRNAs untersucht – kleine RNA-Moleküle, die als Biomarker dienen. 2022 identifizierten Forschende 109 microRNAs, die mit Endometriose in Verbindung stehen. Aber: «Gewisse Typen von Endometriose wurden nicht berücksichtigt», bemängelt Sylvia Mechsner, Leiterin des Endometriosezentrums an der Charité Berlin. Aktuell läuft eine grosse Validierungsstudie, um die Aussagekraft des Tests weiter zu überprüfen. Entwickelt in Frankreich, wird der Test dort seit Februar 2025 von der Krankenkasse vergütet. In der Schweiz kostet er gerundet 780 Franken, die Krankenkassen müssen den Betrag nicht übernehmen. Der Vertreiber Labor Team W hat jedoch beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt.
Der Bluttest: Ein anderer Ansatz verfolgt der Bluttest «PromarkerEndo»: Dabei werden Proteine im Blut analysiert, die auf Entzündungen und Gewebewachstum hinweisen. Eine aktuelle Studie mit 800 Teilnehmenden zeigt, dass der Test vor allem schwere Endometriose zuverlässig erkennt. Darin sieht Gynäkologin Tanja Fehm wenig Mehrwert: «Gerade diese Fälle können wir auch ohne Test gut diagnostizieren.»
Die Stuhlprobe: Ein noch experimenteller Ansatz ist die Untersuchung von Stuhlproben. Eine Studie fand zwölf Stoffwechselprodukte, die bei Betroffenen auffällig waren. Wie das Darmmikrobiom tatsächlich mit Endometriose zusammenhängt, ist jedoch unklar – die Stichprobe war klein, und eine direkte Ursache-Wirkung-Beziehung ist nicht belegt, betonen Experten.
Patrick Imesch verfolgt die Entwicklungen mit Interesse, stellt aber klar: «Das Testergebnis kann lediglich einen Hinweis auf eine Endometriose geben – eine abschliessende Diagnose liefert es nicht.»
Methodische Schwächen
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Viele der neuen Tests stehen auch in der Kritik. «Die Verfahren wurden bislang oft nur an kleinen Gruppen getestet», gibt Imesch zu bedenken.
Ein weiteres Problem: In manchen Studien wurden Frauen als gesunde Kontrollgruppe herangezogen, ohne zuvor eine Bauchspiegelung durchzuführen. «Das bedeutet, dass einige dieser Frauen möglicherweise unentdeckte Endometriose hatten – was die Testergebnisse verfälscht», erklärt Fehm.
Auch andere Faktoren könnten die Werte beeinflussen. Etwa eine akute Infektion, chronische Erkrankungen oder Blutungen anderer Art.
Ein Testergebnis bringe nicht zwingend Klarheit, warnt Sylvia Mechsner, Leiterin des Endometriosezentrums an der Charité Berlin. Im Gegenteil: «Ein negatives Testergebnis hilft Frauen mit starken Beschwerden nicht weiter. Oder schlimmer noch: Sie werden nicht ernst genommen, weil sie laut Test keine Endometriose haben.»
Einige dieser Tests können Endometriose übersehen oder nur bestimmte Formen davon erkennen. Mechsner kritisiert zudem, dass diese Tests nicht ausreichend in grossen, unabhängigen Studien überprüft wurden.
Mehr als nur ein Diagnose-Tool?
Trotz Einschränkungen sieht Imesch eine mögliche Chance – nicht nur für die Diagnose, sondern auch für die Beobachtung des Krankheitsverlaufs. «Spannend wäre zum Beispiel, ob sich diese Tests zur Therapiekontrolle eignen – also ob sie zeigen können, wie sich eine Endometriose unter hormoneller Behandlung oder nach einer Operation entwickelt.» Dafür sind die Verfahren bislang nicht ausgereift.
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