Im Internet hat das Phänomen einen Namen: «Dad Noise» – also Geräusche, die der Vater macht. Das heisst allerdings nicht, dass nicht auch Frauen ächzen und stöhnen und wohlig seufzen. Besser und gendergerechter wäre: Mittelalterliches Seufzen und Stöhnen – denn ab einem gewissen Alter hört man die Geräusche bei auffällig vielen.
Ein Blick ins Körperinnere zeigt: Das macht durchaus Sinn. Seufzen wird als eine Atemvariante angesehen, die das Doppelte bis Fünffache Volumen eines normalen Atemzugs hat.
Seufzen tut gut
Untersuchungen zeigen: Im Schnitt seufzen, stöhnen oder ächzen wir zwölfmal pro Stunde. So alle fünf Minuten holen wir tief Luft und seufzen, mal lauter, mal leiser.
Zum einen sind diese Geräusche Ausdruck nonverbaler Kommunikation. Zum anderen sind Seufzer tiefe, lange Atemzüge, die Erleichterung, Erschöpfung oder Trauer ausdrücken. Sie treten aber auch spontan auf, um die Alveolen, also die Lungenbläschen aufzupumpen. Ein unbewusstes Seufzen ist ein lebenserhaltender Reflex, der hilft, die Lungenfunktion zu erhalten.
Ächzen und Stöhnen beim Aufstehen und Setzen
Was ist aber mit dem ab den mittleren Lebensjahren auftretenden Stöhnen und Ächzen, wenn man aufsteht oder sich setzt? Nicht selten entfährt uns sogar ein wohliger Seufzer, wenn wir uns aufs Sofa plumpsen lassen. Erforscht ist das Ganze nicht, schliesslich hat es keinen Krankheitswert. Trotzdem gibt es ein paar Gründe.
Zum einen altern mit uns auch unsere Muskulatur und unsere Gelenke. Gerade diejenigen Muskeln und Gelenke, die wir beim Aufstehen und Setzen benutzen, sind täglich in Gebrauch – und dementsprechend mit den Jahren abgenutzt.
Stöhnen und Ächzen können uns dabei unterstützen, unsere mit der Zeit verminderte Kraft zu bündeln. Die Geräuschkulisse kompensiert gewissermassen die körperlichen Einbussen, die wir mit den Jahren erleiden. Zum anderen kommunizieren wir nonverbal, dass wir uns angestrengt haben oder uns wohl ist.
«Grunting»
Bei körperlicher Betätigung – die übers Aufstehen hinausgeht – kann uns auch mal ein Grunzen entweichen. Das kennt man allen voran vom Tennis. Dort wird das Phänomen «Grunting» also «grunzen» genannt, bekannte «Grunterinnen» sind Monica Seles, Marija Scharapowa oder Serena Williams.
Untersuchungen haben gezeigt, dass Geschwindigkeit, Kraft und maximale Muskelaktivität während Tennisaufschlägen und Vorhandschlägen signifikant erhöht werden, wenn die Athletinnen grunzen. Bei Gewichthebern konnte lautmalerisches Heben der Gewichte eine Leistungssteigerung von bis zu zehn Prozent zur Folge haben.
Die Kehrseite des Kraftschubs
Das Grunzen auf dem Tenniscourt hat immer wieder zu Beschwerden geführt. Die Gegnerinnen fühlten sich abgelenkt. Der ehemalige Tennisprofi Boris Becker forderte sogar ein Stöhnverbot auf dem Center Court. Für ihn habe das «etwas Sexuelles», wie er laut dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» äusserte.
Eine Untersuchung der Universität Hawaii hat gezeigt, dass die Nebentöne der Spielerinnen zu deutlich langsameren Reaktionszeiten und mehr Entscheidungsfehler ihrer Gegnerinnen führten.
Und was tut man gegen «Dad Noise»?
Um dem Ächzen, Stöhnen und Seufzen im Alltag beim Aufstehen und Setzen beizukommen, gibt es nur eins: Trainieren. Bauch und Rumpf. Mit Kniebeugen, Sit-ups, Rumpfbeugen und Planks.
Übrigens: Falls Sie das mit den zwölfmal Seufzen pro Stunde nicht glauben – fragen Sie mal Ihr Umfeld …