Rund 5000 Biber leben aktuell in der Schweiz – ihr Lebensraum deckt sich weitgehend mit den am dichtesten besiedelten Regionen – Konflikte zwischen Mensch und Biber sind damit vorprogrammiert. Um die Lage mit der wachsenden Biberpopulation unter Kontrolle zu halten, bieten Bund und Kantone ein Bibermanagement samt beratender Biberfachstelle auf.
Der Biologe Christof Angst von der nationalen Biberfachstelle Neuchâtel hat eine besonders problematische Stelle entdeckt. Er zeigt auf seinen PC-Monitor, auf dem eine digitale Landkarte, ein Dorf und eine langgezogene, bunte Fläche zu sehen sind. Die Farben zeigen an, ob und wo im Fall eines Biber-Damms die Gefahr von Vernässung oder gar Überschwemmungen besteht. Mit diesem so genannten Auenmodell lässt sich Schweizweit simulieren, wie stark der Hochwasser-Effekt der unermüdlichen Bautätigkeiten der Biber ausfallen könnte.
Wir mussten bis jetzt noch nie offiziell einen Biber erlegen.
«Da sehen wir, dass das Wasser zum Teil in die Gärten der Häuser laufen würde, dann haben wir überschwemmte Keller. Das ist nicht tolerierbar.» In so einem Fall würde Christof Angst zu entsprechenden Massnahmen raten, die bis hin zum Abschuss eines oder mehrerer Biber führen können.
Dies aber wohlgemerkt nur nach eingehenden Vorabklärungen: «Das Gesetz sieht vor, dass nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip immer zuerst milde Massnahmen angewendet werden müssen. Das heisst, wenn wir ein Problem mit einem Damm haben, dann wird nicht zuerst geschossen, sondern geschaut, wie das Problem mit dem Damm gelöst werden kann. Deshalb mussten wir bis jetzt noch nie offiziell einen Biber erlegen.» Nur schwerverletzt aufgefundene Tiere mussten sie bisher töten.
Ökologische Chancen nutzen
Das Auenmodell zeigt aber nicht nur Gefahren, sondern auch Chancen auf, die Biber-Dämme mit sich bringen können. Am Forschungsprojekt beteiligte Expertinnen und Experten weisen in diesem Zusammenhang neben dem Profit für die Artenvielfalt insbesondere auf die Anreicherung des Grundwasserspiegels an steileren Hängen hin.
Der Biber lässt Grundwasserspiegel steigen
«Wir beobachten, dass sich der Biber vom Tiefland aus immer mehr in die Hügellandschaft oberhalb von 600 Metern ausbreitet und dort die kleinen Bäche besiedelt. Und das Spannende finde ich, dass wir dort mehrheitlich positive Effekte zu erwarten haben», freut sich Christof Angst. So sorgten Biber-Dämme dort für viel langsamere Abflussgeschwindigkeiten und damit eine erhöhte Versickerung – ein gerade in Trockenzeiten willkommener Effekt für das ansonsten immer stärker schwindende Grundwasser im Berg- und Hügelland.
Christof Angst sieht die Schweizer Gesellschaft gut gerüstet für eine Zukunft mit dem Biber. Er wünscht sich, dass künftig in jedem Biber-Fall geprüft wird: «Wo kann seine Anwesenheit gefährliche Folgen haben, und wo kann man ihm Platz lassen?» Ob das Zusammenleben auch bei steigender Biberpopulation gelingt, wird sich zeigen.