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Geschützte Wildtiere Streit um Biber und Geier

Nach dem Wolf sind nun auch Biber und Geier im Visier von Bauern. Naturschutzverbände kontern.

Unterwegs im Aargau, auf den Feldern von Landwirt Manfred Frey. Er hat keine Freude am Biber in der angrenzenden Aare, der ihm Raps, Weizen oder Mais vom Feld frisst. «Man muss ihn regulieren», findet Frey – und meint damit: abschiessen.

Der Biber war in der Schweiz ausgerottet, wurde ab den 1950er-Jahren wieder angesiedelt. In den vergangenen Jahren hat der Bestand stark zugenommen, auf fast 5000 Tiere.

«Gut für die Biodiversität»

«Das ist erfreulich. Der Biber ist gut für die Biodiversität», sagt Sara Wehrli von Pro Natura. Der Biber schaffe mit seiner Stautätigkeit Lebensraum für viele andere Tiere – Amphibien, Insekten oder Fische.

Doch der Biber frisst nicht nur Kulturpflanzen, sondern kann auch Entwässerungsrohre verstopfen, vom Menschen genutzte Flächen fluten oder Uferwege untergraben und zum Einsturz bringen. Jedes dritte Biber-Revier beschäftigt die Behörden.

«Natürlich gibt es Sorgen und Konflikte. Das bestreitet niemand», sagt Sara Wehrli von Pro Natura. Oft reichten wenige Massnahmen, um die Konflikte zu reduzieren – dazu gehören Entschädigungen für die Biberschäden.

Nächster Streitpunkt: Gänsegeier

Die Naturschützerin beobachtet in der Gesellschaft eine Dynamik gegen geschützte Wildtiere. Zum Beispiel gegen den Gänsegeier. Der Aasfresser fliegt von Frankreich und Spanien in die Schweiz.

Der Berner Landwirt Matthias Stucki verlor letzten Sommer an einem Tag 30 seiner Schafe. Sein Verdacht: Ein Schwarm Gänsegeier habe die Tiere in den Tod gehetzt. «Die haben Hunger. Wenn die kein Aas mehr finden, gehen sie ans Lebendige. Sie können die Schafe nicht töten, sie hetzen sie über den Fels», ist er überzeugt.

Weder das kantonale Jagdinspektorat noch die Schweizerische Vogelwarte Sempach halten das für plausibel. Trotzdem fordert SVP-Nationalrat Thomas Knutti in einem Vorstoss, dass Schäden durch den Gänsegeier entschädigt werden: «Bei allem, was überhandnimmt, muss man Gegensteuer geben.»

«Abschiessen bringt nichts»

Auch in Lotzwil, Kanton Bern, macht sich der Biber nicht nur Freunde. Er sei ein Problem für den Hochwasserschutz, sagt Landwirt und SVP-Gemeinderat Simon Grossenbacher. Das Thema Abschuss sei zwar aufgekommen, aber: «Wenn man einen abschiesst, geht es ein halbes Jahr und der nächste ist da.»

Naturschützerin Sara Wehrli sagt: «Das Gewehr ist keine nachhaltige Lösung.» Landwirt Manfred Frey hingegen findet: «Jeder hat eine Meinung dazu, Tier- und Umweltschützer, die müssen aber nicht damit leben. Wir haben den Schaden.»

Das Zusammenleben von Wildtier und Mensch bleibt konfliktgeladen.

Rundschau, 5.6.2024, 20:10 Uhr

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