Nach dem Testflug letzten Sommer ist die Ariane 6 vor ein paar Tagen erneut erfolgreich ins All gestartet zu ihrem ersten kommerziellen Flug. Europas neue grosse Rakete erweist sich als zuverlässig. Aber sie ist als «Einwegrakete» teuer.
Wir werden schon bald die erste wiederverwendbare Rakete starten.
Raketen, die mehrmals ins All starten und wieder landen können, betreibt bisher nur SpaceX in den USA. Doch Europa holt auf. «Wir werden schon bald die erste wiederverwendbare Rakete starten», sagt Yohann Leroy, der CEO von MaiaSpace, einem Tochterunternehmen der französischen ArianeGroup.
Rund zwanzig Starts pro Jahr
Erste Tests am Boden seien erfolgreich verlaufen. Und einen Platz im europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guyana hat MaiaSpace sich auch gesichert: Auf dem Startfeld, wo in friedlicheren Zeiten russische Sojus-Raketen abhoben, soll 2026 die Maia-Rakete zum Jungfernflug starten.
Und ihre Unterstufe soll aufrecht wieder landen; sie hat dafür eine autonome Steuerung, einen eigenen Motor und Landebeine. Ab 2031 sind dann jährlich rund zwanzig Starts geplant.
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Bild 1 von 2. Die Maia-Rakete wurde von MaiaSpace, einer Tochtergesellschaft von ArianeGroup, entwickelt. Bildquelle: MaiaSpace.
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Bild 2 von 2. Künftig soll Maia 500 Kilo bis 4 Tonnen Fracht ins All transportieren. Bildquelle: MaiaSpace.
Doch nicht nur MaiaSpace, sondern eine ganze Reihe von Raumfahrt-Startups in Europa arbeitet heute an neuen Raketen – von Orbex in Grossbritannien bis zur Rocket Factory Augsburg in Deutschland. Ihre Raketen sind meist in einem zweiten Schritt wiederverwendbar, Maia Space ist am weitesten.
ESA künftig nur noch Kunde
Unterstützt werden die meisten privaten Wettbewerber von der europäischen Raumfahrtorganisation ESA – mit Geld und mit wiederverwendbaren Prototypen von Raketenteilen. So wolle man das Anfangsrisiko der Privaten abfedern, erklärt Jérôme Breteau von der ESA.
Doch darüber hinaus werde die ESA keine Raketen mehr entwickeln. Künftig seien die Rollen geteilt: Hier die Privatunternehmen, die Raketen entwickeln – dort die ESA als grosser Kunde. So soll Europas Raketengeschäft günstiger, sprich wettbewerbsfähiger werden.
Braucht Europa wiederverwendbare Grossraketen?
Bis jetzt sind die entwickelten Raketen klein: 500 Kilo bis 4 Tonnen Fracht soll jene von MaiaSpace dereinst transportieren. Zum Vergleich: Europas Ariane 6 oder die Falcon 9 von SpaceX schaffen um die 20 Tonnen.
Jérôme Breteau von der ESA erwartet in den 2030er-Jahren in Europa auch grössere, mehrfach verwendbare Raketen. Doch ob in Europa Bedarf sei für regelmässige Transporte von mehr als 10 oder 20 Tonnen pro Flug, das kläre die ESA zurzeit ab.
Abschauen bei SpaceX – Entwicklungskosten senken
Europa tickt anders als die USA. Den Mars zu besiedeln, ist kein vorrangiges Ziel und es gibt auch keine Raumfahrt-Milliardäre, die Tausende eigener Satelliten ins All schicken wollen. Wird das für die Raumfahrt des alten Kontinents womöglich zum Nachteil?
«Im Moment seh ich dies nicht», sagt Holger Wentscher von Beyond Gravity, einem Ruag-Tochter-Unternehmen, das als Zulieferer in verschiedene Raketenprojekte hineinsieht.
Wentscher betont, Europa könne sich einiges abschauen bei SpaceX von Elon Musk – und so die eigenen Entwicklungskosten senken. In Europa gehe es darum, «den richtigen Mittelweg zu finden zwischen hohen Kosten in der Entwicklung und dem richtigen Tempo. Ich glaube, das gelingt bisher ganz gut.»
Nun müssen sie nur noch zum Fliegen kommen, Europas neue Raketen.