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Kontroverse um Kulturhaus Hamburg bekommt eine neue Oper: Ein Millionengeschenk mit Haken?

Worum geht es? Der Milliardär Klaus-Michael Kühne will seiner Heimatstadt Hamburg ein Opernhaus spendieren – in der Hafencity. «Geplant ist ein architektonisch herausragendes Gebäude», teilten Stadt und Kühne-Stiftung mit. Der Neubau würde in Sichtweite zur Elbphilharmonie des Schweizer Architektenduos Herzog & de Meuron errichtet werden.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher erklärte, dass Kühnes Angebot eine «historische mäzenatische Schenkung» sei und das neue Haus «wie die Elbphilharmonie die Kultur in der Stadt bereichern und ihre internationale Strahlkraft beflügeln soll».

Zwei Männer bei Pressekonferenz über Oper in Hamburg.
Legende: Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (links) und Bürgermeister Peter Tschentscher, beide SPD, bei der Landespressekonferenz. Die Stadt und die Kühne-Stiftung stellten den Vertrag zur Planung und Realisierung einer neuen Oper vor. KEYSTONE/DPA/Christian Charisius

Wer zahlt was, und wie viel? Die Kühne-Stiftung soll den Bau finanzieren. Eine Summe wollten die Verantwortlichen nicht nennen. Kühne hatte aber angekündigt, dass er bereit sei, bis zu 330 Millionen Euro auszugeben. Die Stadt wird das Grundstück zur Verfügung stellen, es erschliessen und standortspezifische Kosten wie etwa den Flutschutz tragen – alles gedeckelt auf eine Summe von etwa 150 Millionen Euro.

Älterer Mann im Anzug lächelt in die Kamera.
Legende: Milliardär Klaus-Michael Kühne, geboren in Hamburg, ist wohnhaft in der Schweiz. Er und sein Unternehmen, die Kühne + Nagel AG, stehen in der Kritik: Wegen der Herkunft des Familienvermögens und der Firmengeschichte während der NS-Zeit. KEYSTONE/DPA/Axel Heimken

Braucht Hamburg eine neue Oper? Grundsätzlich wäre eine Sanierung der Staatsoper in der Innenstadt eine Option gewesen. Um einen «zeitgemässen Opernbetrieb auch in Zukunft zu ermöglichen», sei aber «eine umfangreiche Sanierung und Modernisierung des Bestandsgebäudes» vonnöten, schreibt die Stadt. Man rechnet sich scheinbar aus, dass durch den gesponserten Neubau die Erneuerungskosten für die alte Oper eingespart werden können.

Mann auf Fahrrad vor einem modernen Gebäude.
Legende: Die Hamburger Staatsoper: Für das denkmalgeschützte Gebäude soll nach dem Neubau eine anderweitige kulturelle Nutzung gefunden werden, teilt die Stadt mit. KEYSTONE/DPA/Markus Scholz

Was sagt die Kulturszene zu den Plänen? Kulturschaffende wie Hamburgs Generalmusikdirektor Kent Nagano und sein Nachfolger Omer Meir Wellber zeigten sich vom Neubau-Plan begeistert. Regisseur Tobias Kratzer, der bald Intendant der Staatsoper wird, sagte dem «Hamburger Abendblatt»: «Dass mein Amtsantritt mit den Planungen zu einem neuen Opernhaus für Hamburg zusammenfällt, ist für mich ein grossartiges und motivierendes Aufbruchssignal.»

Blick über Fluss auf städtische Gebäude mit Turm.
Legende: Der Baakenhöft in der Hamburger Hafencity: Hier soll der Neubau entstehen. (2021) KEYSTONE/DPA/Dimitrios Valkanis

Was sagen die Kritiker? Kritische Stimmen gibt es vom Hamburger Steuerzahlerbund und der Linksfraktion: «Das Mäzenatentum wurde schon bei der Elbphilharmonie beschworen und nicht gehalten», sagte Linken-Kultursprecher Norbert Hackbusch. Der Hamburger Denkmalverein forderte den Erhalt der alten Staatsoper und startete eine Online-Petition. Auch der Standort für den Neubau wurde kritisiert.

Elbphilharmonie und Stadtansicht in Hamburg bei Sonnenuntergang.
Legende: Bekommt die Hamburger Elbphilharmonie bald einen Opern-Zwilling, der sie architektonisch in den Schatten stellt? 2016 wurde das Konzerthaus fertiggestellt. Die Baukosten betrugen am Ende mehr als das Elffache der geplanten Summe. IMAGO/blickwinkel

Was ist mit dem Ort? Historiker äusserten Bedenken zum Standort Baakenhöft. Sie finden, dass statt einer Oper besser ein Dokumentationszentrum errichtet werden sollte. Der Ort spielte eine Schlüsselrolle für den Genozid an den Herero und Nama von 1904 bis 1908. Wie die «taz» berichtet, werfe der Standort grundsätzliche Fragen zur Erinnerungskultur und historischen Verantwortung auf. Während der Kolonialzeit war der Baakenhöft eine logistische Drehscheibe. Von dort fuhren «95 Prozent aller deutschen Soldaten in den Krieg», schreiben Jürgen Zimmerer und Kim Sebastian Todzi von der Forschungsstelle «Hamburgs (post-)koloniales Erbe» an der Hamburger Universität in einer Stellungnahme.

Wie geht es weiter? Die Kühne-Stiftung hat eine Gesellschaft gegründet, an der die Stadt und die Staatsoper als Minderheitsgesellschafter beteiligt werden. Es soll ein architektonisches Qualifizierungsverfahren geben, bei dem Architekturbüros ihre Vorschläge einreichen. Nach Fertigstellung gehe der Bau als Geschenk an die Stadt und ihre Bürger ins Eigentum der Stadt über und die Staatsoper werde in das neue Haus einziehen. Die Hamburger Bürgerschaft muss dem Vertrag zwischen Stadt und Kühne-Stiftung noch zustimmen.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 11.2.2025, 7:06 Uhr ; 

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