Warum boomt «Ne Zha 2» in China? Nach ein paar Wochen hat der Film bereits über 2 Milliarden US-Dollar (ca. 1.7 Milliarden Franken) eingespielt, den grössten Teil davon in China selbst. Mit diesem Ergebnis stösst «Ne Zha 2» Disney vom Thron: Erst letztes Jahr wurde «Inside Out 2» zum umsatzstärkste Animationsfilm aller Zeiten. Und damit nicht genug: «Ne Zha 2» gehört damit sogar zu den sieben umsatzstärksten Filmen der Kinogeschichte. Filmredaktor Enno Reins sagt: «Auf der einen Seite sehen Chinesen gerne chinesische Filme, auf der anderen Seite ist es ein Phänomen, das die chinesische Regierung forciert.» 2021 sei ein Fünfjahresplan verabschiedet worden. Die Ziele: zehn Blockbuster pro Jahr, mehr Kinos im Land, mindestens 55 Prozent des Kinopublikums besucht chinesische Filme. Das habe letztendlich funktioniert.
Worum geht es in dem Animationsfilm? «Ne Zha 2» ist die Fortsetzung des vor sechs Jahren erschienen ersten Teils, der auch sehr erfolgreich war. Die Filme basieren auf einem Roman aus dem 16. Jahrhundert. Die Story: Ein Kind wird geboren. Die Eltern wissen: Ihr Sohn ist die Reinkarnation eines bösen Dämons. Das sagen sie ihm aber nicht. Er entwickelt sich zu einem kleinen Satansbraten mit Herz. Aber es gibt Momente, wo er ausrastet und sogar Menschen verletzt. Schliesslich muss er sich die Frage stellen: Will ich gut oder böse sein? Dann taucht ein böser Drachenkönig auf und der Junge beweist sich als Held. Am Ende von Teil eins schwört der Drachenkönig Rache. Der zweite Teil erzählt die Geschichte nahtlos weiter.
Was zieht die Menschen in China ins Kino? «Sie wollen Geschichten aus ihrem Kulturkreis sehen», sagt Reins. Die Entwicklung, dass das chinesische Publikum in heimische Produktionen strömt, ist schon länger im Gange. Die erfolgreichsten chinesischen Filme in China stammen aus den letzten zehn Jahren. Das sind Komödien, Science Fiction und Kriegsspektakel. «Das sind spektakuläre Filme, mit viel Aufwand produziert und grossartigen Special Effects», so Reins. Viele der Blockbuster haben eine patriotische Botschaft. Der Kriegsfilm «Operation Red Sea» entstand zum Beispiel anlässlich des 90. Geburtstags der Volksbefreiungsarmee. «Die Devise lautet: chinesische Superhelden aus der Armee oder der Mythologie statt Marvel-Superhelden.»
Beisst sich das mit der US-Filmindustrie? Lange haben die USA China als Absatzmarkt gesehen und Koproduktionen realisiert. Der 4., 5. und 6. Teil der Transformers-Filmreihe liefen beispielsweise in China besser als in den USA. Wegen der Covid-Pandemie und durch die sich verschlechternden Beziehungen mit den USA liess die chinesische Regierung weniger Hollywood-Produktionen ins Land. «Stattdessen fokussierte sich China auf einheimische Filme», meint Reins. China habe sich das Know-how aus den USA angeeignet und mache jetzt selbst grosses Kino. Als Absatzmarkt bricht China für die USA immer stärker weg.
Was ist die Prognose für die Zukunft? «Es kann nur ein Ziel für China geben: den internationalen Markt erobern», erklärt Filmredaktor Enno Reins. Momentan ist es sehr schwierig, die chinesischen Blockbuster in Europa zu sehen. Vereinzelt findet man sie auf Streaming-Plattformen oder später auf DVD, oft nur auf Englisch synchronisiert.