Die Geschichte ist eigentlich nebensächlich: Deadpool (Ryan Reynolds) muss verhindern, dass die Timeline seiner Realität, und damit die Erde, vernichtet wird. Dazu braucht er die Hilfe von Wolverine (Hugh Jackman), der aber blöderweise tot ist. Zumindest vorerst.
Der Film ist eine wahnwitzige Aneinanderreihung von Gags, Actionszenen, Comic- und Filmreferenzen, Deadpool-Varianten und Auftritten längst vergessener Superhelden-Darsteller und Darstellerinnen. Jeder dieser Momente ist Social Media-tauglich.
«Deadpool»-Filme waren schon immer anders als andere Superheldenfilme. Sie sind eine Satire. Mit einem Helden, der weiss, dass er eine Filmfigur ist, der mit dem Publikum spricht und die Schwächen seines Genres kennt.
Der Blick auf sich selbst
Bei «Deadpool & Wolverine» wird dieses Vorgehen benutzt, um selbstironisch aufzuzeigen, woran Superheldenfilme zurzeit kränkeln: Das Gefühl des Neuen existiert nicht mehr.
Es waren zu viele Filme und Serien, mit oft zweitklassigen Geschichten und unfertigen Special Effects, unüberschaubar inhaltlich miteinander verwoben. Das liegt auch am inhaltlichen Konzept des Multiversums, das nach «Avengers Endgame» die Marvel-Filme bestimmte.
Multiversum heisst: Es existieren verschiedene Erden nebeneinander, die ähnlich, aber nicht gleich sind. Das ist inhaltlich reizvoll, macht aber auf Dauer die Filme beliebig und unnötig kompliziert. Es entsteht ein Beziehungswirrwarr, das nur noch Supernerds verstehen.
Weniger Zuschauer
Das hatte Folgen: 2023 blieben Filme wie «Ant-Man and the Wasp: Quantumania» und «Marvels» unter den Erwartungen – oder floppten. Bei der Konkurrenz von DC Studios lief es auch nicht gut.
Natürlich lässt sich mit Superhelden und -heldinnen noch Geld verdienen. «Guardians of the Galaxy Vol. 3» spielte vergangenes Jahr weltweit 845.6 Millionen US-Dollar ein, der oscarnominierte «Spider-Man: Across the Spider-Verse» 691 Millionen Dollar. Der Erfolg ist nur nicht mehr eine sichere Sache.
Der Disney-Konzern, zu dem Marvel gehört, hat darauf reagiert und das Angebot gekürzt. «Wir werden das Volumen reduzieren und wahrscheinlich zu zwei Fernsehserien pro Jahr übergehen, statt wie bisher zu vier, und unseren Film-Output von vielleicht vier pro Jahr auf zwei oder maximal drei reduzieren», verkündete Disney-CEO Bob Iger im Mai.
«Deadpool & Wolverine» ist tatsächlich der einzige Marvel-Superhelden-Film, der 2024 in die Kinos kommt.
Marvel arbeitet an der Qualitätsverbesserung. Deshalb hat das Studio beispielsweise Joanna Calo, die Showrunnerin der Emmy-ausgezeichneten Serie «The Bear», fürs Drehbuch des kommenden Kinofilms «Thunderbolts» angeheuert.
Durch den reduzierten Output will Bob Iger Superhelden-Filme wieder zum Ereignis machen. Mit «Deadpool & Wolverine» gelingt das. Nicht, weil Fans sechs Jahre auf die Fortsetzung warten mussten und es eine aufwändige PR-Kampagne gab, sondern durch das, was erzählt wird.
«Deadpool & Wolverine» ist eine Selbstanalyse. Der Film macht sich darüber lustig, was bei Marvel in letzter Zeit schiefgelaufen ist und tut dies in Form eines spassigen Spektakels, das gleichzeitig eine Verbeugung vor dem Superhelden-Genre ist.
Kinostart: 24.07.2024