Überall auf der Welt werden Menschen, die sich für das Recht auf Abtreibung einsetzen, angegriffen. Das zeigt ein neuer Bericht, den die Menschenrechtsorganisation Amnesty International am 24. November veröffentlicht hat.
Unter dem Titel «An Unstoppable Movement» berichten insgesamt 47 Menschenrechtsverteidigerinnen aus 32 Ländern über ihre Erfahrungen und die erlebte Gewalt.
Für Amnesty ist Abtreibung ein Menschenrecht
Betroffen sind Aktivistinnen, Anwälte oder medizinisches Personal. Sie werden stigmatisiert, körperlich und verbal angegriffen, eingeschüchtert und bedroht. Amnesty International positioniert das Recht auf Abtreibung als grundlegendes Menschenrecht und verteidigt diejenigen, die sich politisch und gesellschaftlich dafür einsetzen.
Abtreibungsgesetze wurden in den letzten 30 Jahren weltweit gelockert, berichtet die Menschenrechtsorganisation Center for Reproductive Rights. Die Gegenbewegungen sind meist religiös motiviert. In Ländern wie den USA, Polen, Nicaragua und El Salvador wird Schwangerschaftsabbruch erschwert, verboten oder sogar bestraft.
Kampf gegen Abtreibung wurzelt in der Religion
Die Religion spielt dabei eine wichtige Rolle, erklärt Neil Datta, Gründer des Europäischen Parlamentarischen Forums für sexuelle und reproduktive Rechte und Experte für religiös-konservative Bewegungen. Der Kampf gegen jegliche Abtreibung wurzle meist im religiösen Umfeld und ziehe dann weitere Kreise.
Ursprünglich religiöse Bewegungen seien inzwischen vielerorts Teil der Zivilgesellschaft, hätten eigene Organisationen gegründet, so Datta. Und sie seien auch in die Politik vorgedrungen: «So ist die Anfechtung des Abtreibungsrechts heute eine religiöse Idee, eine normative Idee der Zivilgesellschaft und auch eine politische Idee», sagt Neil Datta.
Die «Gender-Ideologie» als Feind
Laut Datta hat die aktuelle Anti-Abtreibungsrechtsbewegung ihren Ursprung im Katholizismus. Einzelne «katholische Denker», die mit den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen nicht einverstanden seien, würden ihr Ressentiment zum Beispiel mit der so genannten «Gender-Ideologie» in Verbindung bringen.
Alles, was der katholischen Kirche missfalle und den Soziallehren der katholischen Kirche widerspreche, ordneten sie dieser zu. So auch «Abtreibung, LGBTQI*-Rechte, Scheidung, Empfängnisverhütung, sogar das Recht auf ein assistiertes Sterben in Würde» – durch den Kampfbegriff der «Gender-Ideologie» werde dies als falsch gebrandmarkt.
Wenn also die Abtreibung zum Feindbild «Gener-Ideologie» zugeordnet wird, erhalte die Anti-Abtreibungs-Bewegung mehr Zulauf, sagt Datta.
Religiöse Gruppen und neu entstandene NGOs verfolgten einen dreifachen Ansatz: Sie wollten Abtreibungsrechte verhindern, einschränken und verbieten. Dabei bildeten sie überkonfessionelle Koalitionen, um ihre Position zu stärken und erweckten somit den Eindruck, dass alle Christinnen und Christen den Kampf gegen Abtreibung unterstützen, so Datta.
Das Recht auf Abtreibung bleibt ein komplexes Thema. Amnesty International fordert die Entkriminalisierung und Entstigmatisierung des Rechts auf Abtreibung. Die Organisation setzt sich für den Schutz der Betroffenen ein und gibt Staaten Empfehlungen: Damit soll eine sichere Umgebung für Befürworterinnen und Befürworter dieses Rechts geschaffen werden.