«Es war tatsächlich der schönste Tag in meinem Leben.» Eva Kaderli und Sara Folloni schauen sich ihr Hochzeitsfotobuch an und schwelgen in Erinnerungen. «Ja, es hat alles gepasst.»
Die beiden waren die ersten, die sich im Kanton Zürich verpartnern liessen, vor fast 20 Jahren. «Am Freitag waren wir auf dem Standesamt, am Sonntag in der Kirche, richtig bünzlig», erinnern sie sich lachend.
Wenig Widerstand bei den Reformierten
Gottesdienste, in denen gleichgeschlechtliche Paare gesegnet werden, gibt es in den reformierten Kirchen im Land seit Langem. Die Zürcher Landeskirche war 1999 die erste, die diese sogenannten Segnungsgottesdienste eingeführt hat. Getraut wurden die Paare dabei aber nicht – ein kleiner, feiner Unterschied, der nun langsam verschwindet.
Vor drei Jahren sprach sich der Kirchenbund, der Dachverband der reformierten Landeskirchen, für die Ehe für alle aus.
Und seit dem Ja des Stimmvolkes im letzten Herbst ändert eine Landeskirche nach der anderen ihre Verfassung – und lässt Traugottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare zu.
Offenen Widerstand gibt es bei den Reformierten selten, aber Bedenken. Was geschieht mit Pfarrerinnen und Pfarrern, die die Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können? Für sie gilt: Wer nicht will, muss nicht.
Ehe für alle auch in der katholischen Kirche
Eine kirchliche Heirat mit Gottes Segen ist auch in der katholischen Kirche möglich. Allerdings nur bei den Christkatholiken. Sie haben eben erst an ihrer Synode beschlossen, die gleichgeschlechtliche Ehe einzuführen.
«Jede Segnung, die die Kirche einer zivilrechtlich geschlossenen Ehe zwischen zwei Erwachsenen gleich welchen Geschlechts spendet, ist in gleicher Weise sakramental», heisst es etwas holprig im Text, der verabschiedet wurde.
Verbot in der Theorie …
Genau dieses «sakramental» ist bei der römisch-katholischen Kirche ein schier unüberbrückbares Hindernis. Denn für Katholikinnen und Katholiken ist die Ehe ein Sakrament, eine heilige Handlung, die nur ein geweihter Priester oder Diakon durchführen kann. Die Eheleute gehen nicht nur einen Bund miteinander, sondern auch mit Gott ein.
Dieses Ehesakrament können nun aber weder die Schweizer Bischöfe noch die römisch-katholischen Kantonalkirchen verändern. Der Ball liegt beim Vatikan. Dort gilt: Die Ehe ist ein Bund zwischen Mann und Frau mit dem Ziel, Kinder zu zeugen.
… Gottesdienste für Homosexuelle in der Praxis
Das heisst aber nicht, dass in römisch-katholischen Kirchen in der Schweiz keine Gottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare stattfinden. Seelsorgerinnen und Pfarrer im ganzen Land segnen homosexuelle Paare. Allerdings meist, ohne es an die grosse Glocke zu hängen. Täten sie es, riskierten sie, ihre Anstellung oder ihre Missio zu verlieren. Manch ein Bischof in der Schweiz weiss sehr wohl, was in seinen Pfarreien geschieht, und sieht absichtlich weg.
Freikirchen sind weniger offen
Und was ist mit den Freikirchen? Eine eindeutige Antwort ist schwierig, denn die Freikirchen sind vielfältig. Der weltweiten methodistischen Kirche droht die Spaltung, weil sich konservative und liberale Regionen in Fragen der Sexualethik, unter anderem der Ehe für alle, nicht einigen können. Tatsächlich gilt aber in vielen Freikirchen die Devise: Die Ehe soll Mann und Frau vorbehalten bleiben.
Eva Kaderli und Sara Folloni haben sich in einer Freikirche kennen und lieben gelernt. Um ihre Liebe ausleben zu können, mussten sie die Freikirche verlassen. Sie haben sich für ein Ja zur Ehe für alle eingesetzt. Für sie ist klar: Sie werden richtig heiraten – jetzt, da ihnen dieser Weg offensteht.