- Zum ersten Mal gab es europaweit eine öffentliche Protest-Aktion für die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren in der römisch-katholischen Kirche.
- Die Aktion ist Teil eines internationalen Widerstands gegen den Vatikan, der die Segnung homosexueller Paare verbietet.
- Im Rahmen der Gegenbewegung innerhalb der römisch-katholischen Kirche fanden am Montag europaweit über 100 solche Segnungen statt. Darunter auch in Zürich.
- Der Churer Bischof Joseph Bonnemain lehnt die Aktion auf seinem Bistumsboden ab.
Eli und Jill sind 28 und 27 Jahre jung, katholisch und lesbisch. Seit zwei Jahren sind sie ein glückliches Paar. Gestern erhielten sie als eines von zahlreichen gleichgeschlechtlichen Paaren öffentlich den Segen. Mitten in Zürich, auf dem Platzspitz im Park hinter dem Landesmuseum.
Die beiden Frauen sind Teil einer Protest-Aktion innerhalb der römisch-katholischen Kirche gegen das vatikanische Segnungsverbot von homosexuellen Paaren. Gemäss dem Papier der römischen Glaubenskongregation dürfen Geistliche zwar Tiere, Autos oder Häuser segnen – aber nicht schwule oder lesbische Paare. Die Begründung des Vatikans: Gott könne Sünde nicht segnen.
Für Jill und Eli, beides seit klein auf gläubige Katholikinnen, ist der öffentliche Segen, den sie erhalten haben, ein wichtiges Zeichen: «Für mich persönlich ist es wichtig als Protest. Denn es ist nicht okay, was der Vatikan sagt», betont Eli.
Zur öffentlichen Segnungsaktion in Zürich aufgerufen hat Seelsorger Meinrad Furrer. Rund ein Dutzend gleichgeschlechtliche Paare hat er nebst Jill und Eli am Montag auf dem Platzspitz gesegnet. Laut Furrer handelte es sich um die erste öffentliche Segnung dieser Form in der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz. Segnungen von lesbischen, schwulen oder queeren Paaren würden schon länger stattfinden. Bisher seien sie aber vor allem heimlich erfolgt.
Für mich persönlich ist es wichtig als Protest. Denn es ist nicht okay, was der Vatikan sagt.
«Unsere Gesellschaft hat queere Lebensweisen über Jahrhunderte derart verurteilt, dass tiefe Verletzungen da sind. Für mich ist es wichtig, Gegensteuer zu geben und zu sagen: Wir stehen für diese Lebensweisen ein und finden diese gut», sagt Furrer.
Der Churer Joseph Maria Bonnemain ist über die Aktion auf seinem Bistumsboden alles andere als erfreut. Vor der Segnungsaktion traf SRF den Bischof zum Interview.
Ich glaube nicht, dass man etwas gewinnt, wenn man auf eine Provokation mit einer Provokation antwortet.
Bonnemain gibt sich gern volksnah. Eine Aktion wie jene in Zürich geht ihm aber zu weit. Das sei die falsche Reaktion auf das Segnungsverbot, erklärt er: «Die Anweisungen des Vatikans waren eine Provokation und das ist wieder eine. Ich glaube nicht, dass man etwas gewinnt, wenn man auf eine Provokation mit einer Provokation antwortet.»
Wenn Seelsorger Meinrad Furrer das Gespräch mit ihm wünsche, sei er dazu bereit, sagt Bonnemain auf Nachfrage. Furrer will den Dialog mit Bonnemain aufnehmen, sagt er: «Ich finde den Dialog wichtig, und es ist ja mein Bischof. Wenn er mir das anbietet, werde ich den Dialog suchen.»
Lesbisch und überzeugte Katholikinnen
Viele homosexuelle und queere Menschen treten aufgrund der konservativen Haltung des Vatikans aus der römisch-katholischen Kirche aus. Der Kirche den Rücken zu kehren, ist für Eli und Jill aber kein Thema. «Die Kirche ist wie ein Verein, wo es verschiedene Meinungen und Vielfalt gibt. Das darf sein und man muss nicht austreten, wenn man in einer Sache nicht gleicher Meinung ist», sagt Jill. Man trete ja auch nicht aus dem Verein aus, nur weil man nicht mit allen im Team einverstanden sei, ergänzt ihre Partnerin.
Gemeinsam gehen Jill und Eli also weiterhin in die Kirche. Seit gestern gesegnet als Paar. Der Glaube verbindet sie in ihrer Partnerschaft. Mit dem Schritt an die Öffentlichkeit wollen sie anderen queeren Menschen Mut machen.