Der Markt für vegetarische und vegane Produkte expandiert. Bei einer Umfrage eines Grossverteilers gaben 60 Prozent der Befragten an, mehrmals im Monat bewusst auf tierische Lebensmittel zu verzichten. Die sogenannten «Flexitarier» halten sich beim Verzehr von Fleisch flexibel. Die Zahl der Vegetarierinnen und Veganer nimmt zu.
Die Beweggründe seien vielfältig, sagt Anik Thaler vom Start-up «Fabas»: «Manche führen ethische Gründe an, andere wollen aus Klimaschutzgründen nicht alles einfliegen – egal ob Fleisch oder Vegetarisches. Lieber essen sie lokale Produkte.»
In dem Fall müsste man aber auf vieles verzichten, was es in der Schweiz nicht gibt. Oder doch nicht?
Globale Rezepte, lokale Rohstoffe
2021 wunderte sich Anik Thaler bei einem der Grossverteiler über das wachsende vegetarische Angebot. Die studierte Agronomin fragte sich: «Warum produzieren wir das alles nicht selbst?» Ein Blick auf die Rohstoffe genügte: «Das müsste doch gehen.»
In der WG-Küche startete sie mit Kollegen eine improvisierte Produktion von Hummus, einer orientalischen Spezialität aus Kichererbsen, deren Zutaten bei Thaler ausschliesslich aus Schweizer Anbau stammten. Das war der Start. Schnell folgten pflanzliche Burger und pflanzliche Falafel, ebenfalls komplett aus Schweizer Produktion.
Heute hat sich Thalers Unternehmen zusätzlich zur Produktion auch auf die Aufbereitung von Rohstoffen spezialisiert. Gelberbsen werden zum Beispiel pfannenfertig gewaschen und geschält. Das lästige Einweichen entfällt.
Essen ist Vertrauenssache
Es sei wenig sinnvoll, sagt Thaler, 60 Prozent der Ackerfläche für Viehfutter zu verwenden. Proteine könne man auch ohne Umweg über das Tier zu sich nehmen. Dasselbe gelte für Milch und Joghurt. Bei Fabas forschen sie deshalb an veganen Alternativen.
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Bild 1 von 4. Kichererbsenpflanzen wie diese sind hierzulande noch ein seltener Anblick. Bildquelle: Fabas .
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Bild 2 von 4. Zu wenig ist sie an die mitteleuropäischen Standort- und Klimaverhältnisse angepasst. Und noch dazu frostempfindlich. Bildquelle: Fabas .
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Bild 3 von 4. Trotzdem wird auch in der Schweiz mit Kircherbsen experimentiert, wie hier von «Fabas» in Schlieren ZH. Bildquelle: Fabas .
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Bild 4 von 4. Wie gross der Ertrag am Ende sein wird, ist allerdings noch fraglich. Auch ist die ausländische Konkurrenz um ein Vielfaches günstiger. Bildquelle: Fabas .
Die blosse Existenz vegetarischer Produkte war für Thaler die erste Generation: «Jetzt sind wir in der zweiten, da geht es um die Qualität und Herkunft. Wir wissen wenig über die Herstellungsbedingungen von Soja in China. In der Schweiz wissen wir das schon.»
Essen ist Vertrauenssache. Das hat seinen Preis und der ist der Knackpunkt. Schweizer Bioprodukte sind teuer. Wer kauft sie, wenn daneben Produkte aus aller Welt stehen, die nur ein Drittel kosten?
Eine politische Frage
Thaler und all die Produzenten, die zuliefern, wünschen sich von der Politik Rahmenbedingungen in Form von finanzieller Unterstützung im Anbau oder Einfuhrbeschränkungen wie bei der Milch oder bei der Saisonernte: «Wenn dann hier Aprikosen geerntet werden, werden sie keine ausländischen finden.»
Dies gilt jedoch nicht für Hülsenfrüchte. Thaler hat 110 Höfe auf einer Warteliste, die proteinhaltige Hülsenfrüchte produzieren würden, denen sie aber keine Chance auf Absatz in Aussicht stellen kann. Die ausländische Konkurrenz sei zu gross, sagt sie. «Ich glaube nicht, dass Schweizer Bäuerinnen und Bauern besser sind als ausländische. Aber wir sind halt in der Schweiz.»
Essen ist heute neben einer moralischen auch eine ökologische Frage. In einer globalisierten Welt wird sie zunehmend eine politische Frage.