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Kontinent als Zukunftslabor Bauen in Afrika: Inspiration für die ganze Welt?

150 Tage, zwölf Länder, unzählige Begegnungen: Bauingenieur Mike Schlaich reiste durch den vielfältigen afrikanischen Kontinent – und fand eine Baukultur vor, die klare Visionen für eine nachhaltige Zukunft bereithält.

Für sein Buch «Bauen in Afrika – Cape to Cairo» begab sich Mike Schlaich aus Berlin auf «Ingenieursafari». Aufgeschrieben in Tagebuchform auf 240 Seiten, teilt er seine Eindrücke und analysiert Afrikas grösste Herausforderung: das rapide Bevölkerungswachstum und den dringenden Bedarf an Infrastruktur.

Bauen für Milliarden von Menschen

Schlaichs Tour war mehr als eine gewöhnliche Studienreise. Sie stellte die Frage, wie der massive Zuwachs der Bevölkerung Afrikas in den kommenden Jahrzehnten bewältigt werden kann.

«In den nächsten 30 Jahren werden in Afrika 1.3 Milliarden Menschen geboren. Sie brauchen Häuser, Schulen, Krankenhäuser, Strassen, Brücken. Eine riesige Ingenieuraufgabe», so Schlaich.

Tradition trifft auf Nachhaltigkeit

Für Schlaich ist dies weniger ein Problem als eine echte Chance. Sein Ansatz kombiniert traditionelle Bauweisen mit ressourcenschonenden Lösungen.

Besonders die Nutzung erneuerbarer Energien hält er für entscheidend: «Afrika hat das ganze Jahr Sonne und starke Winde an vielen Küsten. Nachhaltige Energie wird die Zukunft Afrikas prägen. Wir können das fossile Zeitalter überspringen und direkt ins Zeitalter der Wind- und Solarenergie eintreten.»

Über Mike Schlaich

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Mike Schlaich ist Partner im Ingenieurbüro schlaich bergermann partner, das weltweit leichte und weitgespannte Tragwerke sowie Solarkraftwerke plant. Daneben ist er ordentlicher Professor an der TU Berlin, wo er das Fachgebiet Entwerfen und Konstruieren – Massivbau leitet. Dort forscht er auf dem Gebiet leichter vorgespannter Carbon-Tragwerke sowie aktiver und wandelbarer Strukturen.

Schlaich setzt auf lokale Materialien und ressourcenschonende Techniken. In Äthiopien sieht er grosses Potenzial in Bimsstein, einem leichten Gestein als Zementersatz: «Man kann Bims zu Pulver vermahlen und als Betonersatz verwenden. Das ist nachhaltiger Beton aus dem äthiopischen Boden.» Solche Lösungen könnten den Weg zu umweltfreundlichem Bauen ebnen. 

Lebensverändernde Architektur

Parallel verfolgt der aus Burkina Faso stammende Architekt Francis Kéré einen ebenso visionären Ansatz für nachhaltige Architektur. Seine Projekte, wie das «Lycée de Gando» in Burkina Faso, zeigen, wie traditionelle Materialien wie Lehm und Holz genutzt werden, um stabile und nachhaltige Gebäude zu errichten.

Kéré arbeitet eng mit der lokalen Bevölkerung zusammen und integriert sie in den Bauprozess. «Es geht nicht nur um Architektur. Es geht darum, das Leben der Menschen zu verbessern», erklärt Kéré. Durch diese Zusammenarbeit entstehen funktionale und kulturell bedeutende Gebäude. 

Obwohl Schlaich als Ingenieur und Kéré als Architekt unterschiedliche Fachrichtungen vertreten, eint sie die Vision einer nachhaltigen Bauweise, die an lokale Gegebenheiten angepasst ist. Beide wollen, dass Architektur und Ingenieurkunst eine lebenswerte Zukunft schaffen – sei es durch innovativen Brückenbau oder den kreativen Umgang mit traditionellen Baustilen.

Sie sehen in Afrika ein enormes Potenzial für nachhaltige Bauweisen und erneuerbare Energien. «Afrika kann vom vermeintlichen Problemkind zum Vorbild für nachhaltiges Bauen und visionäres Denken werden», so Schlaich. 

Mit Afrika in die Zukunft

Die Arbeiten von Schlaich und Kéré zeigen, wie Afrika nicht nur vor Herausforderungen steht, sondern auch als Zukunftslabor für nachhaltige Architektur und Ingenieurkunst dienen kann. Mit kreativen Lösungen, die auf lokalen Ressourcen und traditionellen Techniken basieren, sowie einem starken Fokus auf erneuerbare Energien, hat Afrika das Potenzial, zukunftsweisende Bauansätze zu entwickeln.

Buchhinweis

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Mike Schlaich: «Bauen in Afrika. Cape to Cairo in 150 Tagen: Erfahrungen eines Ingenieurs», DOM publishers 2024.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 12.2.2025, 17:20 Uhr

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