5. Elena Fischer: «Paradise Garden» (24 Punkte)
Ein Mutter-Tochter-Duo lebt in prekären Verhältnissen am Stadtrand. Als die Mutter stirbt, droht das Leben der Tochter aus den Fugen zu geraten. Halt könnte ihr allenfalls der Vater geben. Von ihm besitzt die Teenagerin allerdings nur ein Foto. Sie begibt sich auf die Suche nach dem Unbekannten. Und unternimmt damit auch eine Reise zu sich selbst.
Elena Fischer schreibt in einer sehr jungen, frischen Sprache und schafft es, Momente der Trauer, Wut, Sehnsucht und den Funken Hoffnung, der die Protagonistin Billie weiterleben lässt, fantastisch umzusetzen.
4. Julia Otsuka: «Solange wir schwimmen» (25 Punkte)
In einem Hallenbad trifft eine bunte Gruppe von Menschen aufeinander, die etwas eint: ihre Leidenschaft fürs Schwimmen. Eine davon ist Alice, die unter Demenz leidet. Solange sie schwimmt, ist alles gut. Aber dann zieht sich plötzlich ein Riss durch den Pool, der alle beunruhigt und eine tiefgreifende Veränderung ankündigt.
Mit ihrem feinen Gespür für Sprache schafft es Julie Otsuka, über die Themen Demenz und Verlust zu schreiben, ohne dabei den Humor zu verlieren.
3. Daniel Kehlmann: «Lichtspiel» (26 Punkte)
Der Österreicher Georg Wilhelm Papst war einer der wichtigsten Filmemacher der Weimarer Republik. Und er war der Entdecker von Superstars wie Greta Garbo. Aber dann traf er verschiedene falsche Entscheidungen und wurde zu einer Geisel der Nazis. Er musste fortan Filme für sie drehen. Detailreich umkreist Daniel Kehlmann eine gespenstische Figur in einer gespenstischen Epoche.
Wie Diktaturen korrumpieren, das leuchtet Daniel Kehlmann aus; anschaulich erzählt, genau recherchiert, tiefgründig, gefühlsintensiv.
2. Gianna Molinari: «Hinter der Hecke die Welt» (28 Punkte)
Gianna Molinaris zweiter Roman «Hinter der Hecke die Welt» spielt am Nordpol und in einem Dorf, in dem nichts mehr wächst ausser der Hecke ringsherum. Mit diesen symbolträchtigen Settings konfrontiert die Autorin ihre Leserschaft unter anderem mit der Frage, was stetes Wachstum für unsere Gesellschaft bedeutet – und was es heisst, wenn Lebewesen verschwinden.
Ich mag den kühlen Sound. Dieser Roman ist ein Wurf, der zum tiefen Nachdenken einlädt!
1. Wolf Haas: «Eigentum» (47 Punkte)
Wolf Haas schreibt von seiner Mutter, die im Sterben liegt, und deren Leben er nochmals Revue passieren lässt. Und von sich selbst, wie er die Mutter in den Tod begleitet und dabei auch sich selbst begegnet. In diesem bisher persönlichsten Werk hat der österreichische Autor seiner Mutter ein Denkmal geschaffen. Und ein inspirierendes Buch geschrieben über Leben und Sprache.
In ‹Eigentum› erzählt Wolf Haas vom Überlebenskampf seiner Mutter, die in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist. Haas tut das mit abgründigem Humor, zugleich aber auf geradezu zärtliche Weise.