Traditionell EU-kritisch, das ist die SVP. Alles, was aus Brüssel kommt, gilt es abzulehnen. Auch die Grenzschutz-Agentur Frontex, bei der die Schweiz im Rahmen des Schengen-Abkommens mitmacht.
Das findet der Aargauer Nationalrat Andreas Glarner. Er gehört zur Gruppe in der SVP, die den Frontex-Ausbau ablehnt: «Die SVP war 2005, Sie erinnern sich, gegen das Schengen-Dublin-Abkommen. Ich frage Sie: Was hat sich seither denn verändert, was wurde denn seither besser?» Die Schweiz habe den eigenen Grenzschutz an die EU delegiert, und diese schütze die EU-Aussengrenze zu wenig. «Die EU-Aussengrenzen sind ungefähr so dicht wie ein ‹Chnöpflisieb›», sagt Glarner.
Für die Bewältigung gewisser Probleme wie die illegale Migration in Richtung Europa macht eine Zusammenarbeit mit anderen Staaten durchaus Sinn.
Auf der anderen Seite stehen jene innerhalb der SVP, die den Frontex-Ausbau befürworten – aus pragmatischen Gründen. Das Schengen-System funktioniere zwar nicht, sagt die Zürcher Nationalrätin Barbara Steinemann. Doch: «Solange die Schweiz Schengen-Mitglied ist, sind wir auf Aussengrenzschutz angewiesen. Für die Bewältigung gewisser Probleme wie die illegale Migration in Richtung Europa macht eine Zusammenarbeit mit anderen Staaten durchaus Sinn.»
Für 61 Millionen kann ich ungefähr 300 Grenzschützer anstellen und habe meine eigene Grenze im Griff.
Vehement widerspricht Frontex-Gegner Glarner. Viel zu viel koste der Frontex-Ausbau von heute 24 Millionen auf zukünftig 61 Millionen Franken: «Für 61 Millionen kann ich ungefähr 300 Grenzschützer anstellen und habe meine eigene Grenze im Griff.»
300 neue Grenzschützer, das sollte eigentlich SVP-Bundesrat Ueli Maurer freuen. In seinem Departement ist das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit angesiedelt. Doch der Finanzminister macht eine andere Rechnung: «Ein Asylbewerber oder ein Krimineller, der irgendwann in die Schweiz kommt, kostet mindestens 200'000 Franken, bis wir ihn zurückschaffen. Mindestens. Wenn es uns also gelingt, pro Jahr etwa 300 Leute abzuhalten, weil wir an der Aussengrenze sicherer sind, dann sind diese Kosten bereits unter Dach.»
Ein Dilemma
Die SVP-Delegierten steckten also im Dilemma: Eine europäische Institution abzulehnen, weil man das ganze System ablehnt, also Schengen-Dublin, und lieber zu einer autonomen Grenzsicherung zurückkehren würde. Oder halt zu akzeptieren, dass europäische Institutionen in Ost- und Südeuropa die Schweizer Grenze mitabschotten. Was halt auch etwas kostet.
Frontex-Gegner Andreas Glarner bleibt dabei: Die Grenzen seien löchrig, und Frontex halte Flüchtlinge nicht auf. Die Fluchtbewegungen in Richtung Europa im Jahr 2015 hätten dies gezeigt: «Ja, danke schön, da kamen eineinhalb Millionen Leute nach Deutschland und Österreich – ohne jegliche Kontrolle.»
Frontex-Befürworterin Steinemann hingegen verweist auf die Gruppen, die das Referendum ergriffen haben. Linke Parteien und Flüchtlings-Solidaritäts-Gruppen: «Für die gilt ihr selbstdefiniertes Menschenrecht, wonach sich jeder dort niederlassen darf, wo er will. Die wollen also Personenfreizügigkeit für die ganze Welt.»
Schlussendlich setzten sich die Befürworterinnen und Befürworter der Vorlage durch. Die SVP-Delegierten unterstützen mit 204 zu 104 eine Vorlage, die eine europäische Institution stärken will, die Grenzschutzbehörde Frontex.