- Wäre Ende Mai abgestimmt worden, hätten sich 63 Prozent der befragten Stimmberechtigten für das Klimaschutz-Gesetz ausgesprochen.
- Das ist das Ergebnis der 2. SRG-Umfrage zur Abstimmung vom 18. Juni 2023, die das Forschungsinstitut GFS Bern im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat.
- Aber die Ja-Seite gerät derzeit unter Druck. Aktuell ist ein Nein-Trend zu beobachten.
Die Debatten nehmen deutlich an Fahrt auf – beim Klimaschutz-Gesetz bedeutet das trotz Vorsprung der Befürworter eine steigende Ablehnung der Vorlage. 36 Prozent der Umfrageteilnehmenden hätten den Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative drei Wochen vor Urnengang abgelehnt.
Der Vorsprung der Ja-Seite verringert sich um 20 Prozentpunkte. Dabei schrumpft das tendenziell befürwortende Lager, nicht aber die bestimmte Unterstützung.
Die 2. SRG-Umfrage zeigt: Der Stand der Meinungsbildung ist zwar fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Die Hauptkampagnenphase ist in vollem Gange.
Besonderes Augenmerk liegt auf den ländlichen Regionen: Bei der Abstimmung zum CO₂-Gesetz im Juni 2021 brachte eine starke Mobilisierung auf dem Land die Vorlage zum Scheitern. Beim Klimaschutz-Gesetz ist die Ausgangslage nun anders: Sogar auf dem Land liegt die Ja-Seite vorn, trotz Nein-Trend. «Wir haben beim Klimaschutz-Gesetz eine andere Konstellation an Vorlagen als damals beim CO₂-Gesetz, das auch aufgrund der Agrarinitiativen verworfen wurde», erklärt Martina Mousson, Projektleiterin von GFS Bern.
Politische Polarisierung nimmt zu
Ein links-grünes Ja zum Klimaschutz-Gesetz gilt als gesetzt. Die Unterstützung der Vorlage bleibt in diesem Umfeld sehr hoch.
Den Gegenpol bildet das akzentuierte SVP-Nein: 85 Prozent der SVP-affinen Befragten lehnen das Klimaschutz-Gesetz ab.
Alle anderen Parteiwählerschaften bleiben mehrheitlich im Ja. Die Zustimmung aus der politischen Mitte kommt aber unter Druck. So entwickeln sich die Stimmabsichten bei der Mitte und der FDP tendenziell weg von der offiziellen Ja-Position der jeweiligen Mutterpartei.
Zudem ist die Meinungsbildung im FDP-Umfeld und bei Parteiungebundenen im Vergleich wenig gefestigt. Veränderungen bei diesen Gruppen sind weiterhin wahrscheinlich.
«Nein-Stimmen finden wir besonders gehäuft auch bei Personen, die Misstrauen gegen die Regierung hegen, und bei Personen mit tiefer Schulbildung», fasst Mousson zusammen.
Richtige Anreize oder steigende Kosten?
Argumentativ bleibt die Ja-Seite besser aufgestellt. Bis auf die genannten Bevölkerungsgruppen überzeugt sie auf einer grossen Bandbreite.
Das Ja-Argument für eine langfristig sichere Stromversorgung durch die Abkehr von fossilen Energieträgern verfängt bei 69 Prozent der Befragten. Zudem finden knapp zwei Drittel, dass die Vorlage richtige Anreize setze und damit Bevölkerung und Wirtschaft beim klimafreundlichen Umstieg ohne zusätzliche Steuern unterstütze.
Wie erwartet punktet das Nein-Lager wiederum mit der Kostenargumentation. 45 Prozent der Befragten sind einverstanden, dass das Klimaschutz-Gesetz zu stark steigenden Strompreisen führe. Sie befürchten deutliche Mehrkosten pro Haushalt. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Sorge um höhere Kosten grundsätzlich zwar verfängt, Befragte aus Haushalten mit tiefen und mittleren Einkommen hätten Ende Mai trotzdem mehrheitlich Ja gestimmt.
Mit Blick auf den aktuell breiten Konsens sagt Mousson: «Stand heute spricht mehr für ein Ja. Für ein Nein müsste ein gewaltiger Schub entstehen.»