Noch profitieren Grosskonzerne in der Schweiz von tiefen Steuern. In mehr als der Hälfte der 26 Kantone zahlen die Firmen derzeit unter 15 Prozent. Als besonders attraktiv gelten Kantone wie Zug und Basel-Stadt. Sie verlangen Sätze im Bereich von 12 und 13 Prozent auf den Firmengewinnen.
Mit der OECD-Reform steigt der Satz auf mindestens 15 Prozent. Die Steuerrechnung der Grosskonzerne erhöht sich also. Kein Wunder, plädiert der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse dafür, die neue Steuer so umzusetzen, dass die betroffenen Firmen möglichst wenig Nachteile hätten und rasch wüssten, woran sie seien.
Aufhalten lasse sich die Reform ohnehin nicht, sagt Frank Marty, Steuerchef von Economiesuisse. «Die Mindestbesteuerung muss umgesetzt werden. Wenn sie nicht in der Schweiz umgesetzt wird, wird sie anderswo umgesetzt und andere Staaten werden auf das Schweizer Steuersubstrat zugreifen.»
Der Anspruch ist, dass mit diesen zusätzlichen Steuereinnahmen etwas Vernünftiges gemacht wird.
Tatsächlich ist es so: Sollte die Schweiz die OECD-Mindeststeuer definitiv nicht einführen, könnten ausländische Steuerbehörden das Geld von den Firmen verlangen. So oder so sieht Marty Konsequenzen für den Schweizer Unternehmensstandort: Im Wettbewerb um international tätige Konzerne verliere das Argument der günstigen Steuern an Gewicht.
Deshalb müsse die Schweiz vermehrt andere Vorteile bieten, etwa durch die Förderung von Forschung und Entwicklung. «Der Anspruch ist, dass mit diesen zusätzlichen Steuereinnahmen, die die Schweiz haben wird, etwas Vernünftiges gemacht wird. Der Standort Schweiz soll für international tätige Unternehmen attraktiv bleiben.»
Die zusätzlichen Gewinnsteuern werden auf eine bis 2.5 Milliarden Franken geschätzt. Das sind Mehrbelastungen für die über 2000 betroffenen Firmen in der Schweiz. Das sind aber auch stattliche Mehreinnahmen für den Staat.
Verteilschlüssel gibt zu reden
Und politisch geht es an der Abstimmung am 18. Juni vor allem um eine Kontroverse: Sollen – wie vom Bundesrat und Parlament vorgesehen – die Kantone den Grossteil der zusätzlichen Steuereinnahmen bekommen, um damit auch ihren Standort zu stärken? Oder soll mindestens die Hälfte des Geldes zugunsten der Allgemeinheit an den Bund gehen, wie es die SP fordert?
Zwei Kantone nehmen sich die ganz grossen Stücke des Kuchens.
Für SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo ist klar: Der vorgeschlagene Verteilschlüssel von 75 Prozent für die Kantone und 25 Prozent für den Bund führe zu Ungerechtigkeiten. «Die beiden Kantone Zug und Basel-Stadt werden fast die Hälfte dieser Mehreinnahmen haben. Denn dort sind die meisten dieser Unternehmen angesiedelt», kritisiert Birrer-Heimo.
Die SP-Nationalrätin vergleicht die Verteilung mit einem Kuchen, von dem alle 26 Kantone ein Stück möchten. «Zwei von ihnen nehmen sich die ganz grossen Stücke. Fast die Hälfte des Kuchens ist weg und die anderen 24 dürfen sich mit den Resten begnügen.»
SP will mehr Geld für den Bund
Die SP fordert darum mindestens 50 Prozent der Mehreinnahmen für den Bund. Auch auf Bundesebene solle und könne man den Wirtschaftsstandort fördern, nicht nur in Wirtschaftskantonen wie Zug oder Basel-Stadt.
Das Geld könne dann etwa in die Infrastruktur oder die Berufsbildung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels fliessen. «Es soll in der ganzen Schweiz ankommen und nicht nur in ein paar wenigen Kantonen», fordert Birrer-Heimo.
Fest steht: Die Reform ist ein Stresstest für den Standort Schweiz, weil er zumindest einen Teil der unmittelbaren Steuervorteile für Konzerne einbüsst.