- Wenn bereits am 7. November abgestimmt worden wäre, hätte die Stimmbevölkerung die Pflege-Initiative angenommen.
- 67 Prozent der Befragten wollen der Initiative gemäss SRG-Umfrage zustimmen, 27 Prozent sind dagegen.
- In fast allen Gruppen zeichnet sich ein Ja ab – die Ausnahme bildet die FDP-Wählerschaft.
Seit Wochen geht das Pflegepersonal auf die Strasse, um für sein Anliegen zu sensibilisieren. Offenbar mit Erfolg, wie die zweite SRG-Umfrage im Auftrag der SRG SSR zeigt. Demnach sind lediglich 6 Prozent der Befragten noch unentschlossen – zwei Drittel der Teilnahmewilligen wollen die Volksinitiative «Für eine starke Pflege», kurz Pflege-Initiative, annehmen.
Im Vergleich zur ersten SRG-Umfrage am 9. Oktober zeigt sich der für Initiativen übliche Nein-Trend. So hat die Ja-Seite 11 Prozentpunkte verloren und die Ablehnung erhöhte sich von 15 auf 27 Prozent.
Dennoch hat die Pflege-Initiative nach wie vor gute Chancen, wie Lukas Golder, Co-Leiter des Forschungsinstitutes gfs.bern, erklärt. «Wenn es bis zur Abstimmung am 28. November bei einer ähnlichen Dynamik wie im vergangenen Monat bleibt, bestünde immer noch eine deutliche Ja-Mehrheit. Die Stimmungslage in der Bevölkerung spricht weiterhin für eine Annahme.»
Gemäss Umfrage will mit praktisch unveränderten 47 Prozent immer noch fast die Hälfte der Befragten bestimmt für die Vorlage stimmen.
Alle befragten Gruppen sprechen sich mehrheitlich für ein Ja aus. Mit einer einzigen Ausnahme: Die FDP-Anhängerschaft ist neu zu 55 Prozent gegen die Pflege-Initiative, womit die Nein-Parole der Freisinnigen Wirkung zeigt. Zwar gibt es auch bei GLP, Mitte und SVP Nein-Trends, diese fallen aber mit je rund einem Drittel nicht besonders deutlich aus.
Eine Verstärkung des Nein-Trends sei einzig bei der SVP-Wählerschaft zu erwarten, deren Partei die Nein-Parole beschlossen hat, erklärt Golder. «Das genügt bei weitem nicht für eine Mehrheit. Bis weit ins bürgerliche Lager hinein sind die Pro-Argumente – besonders dass die Pflege mehr Unterstützung braucht – praktisch unbestritten», so der Politologe.
Neben der FDP zeigen sich auch bei Personen mit über 11'000 Franken Haushaltseinkommen monatlich, auf dem Land und in der Deutschschweiz mit rund einem Drittel Gegenstimmen etwas verstärkte Nein-Trends. Doch selbst in diesen Gruppen finden sich klare Mehrheiten für die Initiative.
Zwar dürfte das Nein-Lager laut gfs.bern vor allem in konservativen Regionen in der Deutschschweiz weiterhin deutlich zulegen, aber eine Umkehr der Mehrheitsverhältnisse schweizweit wäre eine Überraschung. So könnte die Pflege-Initiative zur ersten gewerkschaftlich orientierten Initiative seit 1981 werden, die angenommen wird.
Dabei könnte dem Anliegen auch ein gewisser Corona-Effekt helfen. «Durch die Pandemie ist den Leuten bewusst geworden, dass es in der Pflege mehr braucht als Applaus. Man hat ein Bewusstsein entwickelt, dass es vorher schon ein Problem gab, welches nun dringlich zutage tritt», analysiert Golder. Zudem seien derzeit auch Menschen motiviert, abzustimmen, die dem Bundesrat eher kritisch gegenüberstehen und so eher für Initiativen stimmen.
Mit dem hohen Ja-Vorsprung und der allgemeinen Anerkennung des Pflegenotstandes kämpft die Gegnerschaft wohl gegen Windmühlen.