Vom ehemaligen Munitionslager der Armee in Mitholz im Berner Oberland geht ein für die Bevölkerung nicht akzeptables Risiko aus. Eine am Montag publizierte Zweitbeurteilung des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) bestätigt die Einschätzung des VBS.
Szenarien sind plausibel
Als zuständige Fachstelle in der Störfallverordnung überprüfte das Bafu nun die Risikoanalyse VBS. Für die Begutachtung des «sehr komplexen» Mitholz-Dossiers zog das Bafu externe Experten des deutschen Fraunhofer-Institutes für Kurzzeitdynamik bei.
Das Fraunhofer-Institut prüfte zuerst die Szenarien des VBS und «befand diese für plausibel», schreibt das Bafu.
Die Prüfung des Frauenhofer-Instituts ging aber von einer doppelt so hohen Sprengkraft aus, als das VBS. Die Risikoanalyse des VBS ging von einem Szenario mit 10 Tonnen TNT aus; das Frauenhofer-Institut mit einem von maximal 20 TNT. Damit würden die Ereignisse bei einer Explosion anders verlaufen.
Laut Bafu zeigen die Berechnungen insgesamt ähnliche Risiken wie bei den VBS-Szenarien, die Gefährdungsbereiche könnten räumlich aber anders verteilt sein. Diese Erkenntnisse seien in der Massnahmen- und Notfallplanung zu berücksichtigen und das Risiko «mindestens in den akzeptablen Bereich zu senken».
Massnahmen erst nächstes Jahr bekannt
Ein Expertenteam soll bis 2020 nach Möglichkeiten suchen, das Risiko einer neuen Explosion zu beseitigen oder zumindest zu senken. Das VBS prüft dabei etwa den Einsatz eines Roboters oder ferngesteuerten Baggers zur Bergung der verschütteten Munition. Ein Prototyp könnte in ein bis zwei Jahren vorliegen, hiess es anfangs Jahr.
Zudem wurde die Überwachung des Munitionslagers verstärkt – mit Video- und Wärmebildkameras sowie Sensoren, die austretende Gase messen. Die Bevölkerung erhielt ein Merkblatt für den Fall einer Explosion oder einer Evakuierung.
Heute befinden sich laut einer Schätzung noch rund 3500 Bruttotonnen Munition mit mehreren hundert Tonnen Sprengstoff in den eingestürzten Anlageteilen, etwa dem Zubringertunnel für die Bahn und im Schuttkegel vor der Anlage. Ursprünglich waren im Berg 7000 Bruttotonnen Munition gelagert.
Bei der Planung für ein neues Rechenzentrum in der Anlage Mitholz zeigten Untersuchungen, dass äussere Einwirkungen wie ein Felssturz diese Munition zur Explosion bringen könnten. Eine solche könnte auch Schäden in der nahen Umgebung anrichten. Als Auslöser für eine Explosion kommen auch der Einsturz von Anlageteilen oder eine Selbstzündung von verschütteten Munitionsrückständen in Frage.
Die externen sowie VBS-eigenen Sachverständigen kommen in einem Zwischenbericht ihrer Lagebeurteilung zum Schluss, dass die Gefahr für Schäden teilweise massiv grösser ist, als es die geltenden Regelungen zum Umgang mit Risiken erlauben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein kleineres Ereignis eintreten könnte, liegt laut den Experten bei einmal pro 300 Jahre, für ein grösseres Ereignis bei einmal pro 3000 Jahre.